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Der Angeklagte schwächelt

Der Totschlagprozess um die Messerstecherei am Wernerplatz endet wohl nicht vor Dezember. Der Angeklagte Mensur J. ist psychisch angeschlagen.

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Alexander Schneider

Er schaut nicht in den Gerichtssaal. Auch nicht, als dreidimensionale Bilder vom Tatort in der „Cocktailbar“ am Wernerplatz großformatig an die Wand geworfen werden. Zusammengesackt sitzt der Angeklagte Mensur J. in seinem Rollstuhl. Teilnahmslos sieht er auf seine Hände. Er könne dem Prozess nicht mehr folgen, es sei anstrengend, entschuldigt sich fast Verteidigerin Ines Kilian. Die Vorsitzende Richterin Birgit Wiegand hat keine andere Wahl. Sie muss J. auf seine Verhandlungsfähigkeit hin untersuchen lassen.

Und dann kommt die Diagnose. Der Angeklagte sei zwar körperlich fit, verstehe die Fragen jedoch nicht. Eine Amtsärztin spricht von einer psychischen Ursache, einer akuten Belastungsreaktion. Das heißt: Der Prozess, der diese Woche enden sollte, wird sich nun um Monate hinausziehen. Das Gericht wird nicht mehr ganztags verhandeln können, sondern nur noch einige Stunden, wie es J.s Zustand zulässt. Die Kammer vereinbarte neue Termine – bis Dezember.

Mensur J. muss sich seit Ende August wegen Totschlags am Landgericht Dresden verantworten. Der 32-jährige gebürtige Kosovo-Albaner soll einen Menschen mit Messerstichen in den Rücken getötet haben – am Sonntag, 23. September, vergangenen Jahres in der genannten Bar am Wernerplatz. An jenem Abend hatte es Streit zwischen zwei kosovo-albanischen Brüder-Trios gegeben. Kriste S. und Adnan J. überlebten die Auseinandersetzung nicht. Die spektakuläre Messerstecherei ist bis heute ein Rätsel. Das Gericht muss nun klären, warum Kriste S. sterben musste.

Für Mensur J. lief es bislang nicht besonders gut. Kristes Brüder Mikel und Zef S., den Bauunternehmern aus Bautzen, gehörte auch die „Cocktailbar“, hatten den Angeklagten schwer belastet. Mensur J. selbst machte keine Aussage und sein Bruder Qerim J. ebenfalls nicht. Qerim war von Mikel S. belastet worden, auch auf Kriste von hinten eingestochen zu haben. Zunächst war es bei dem Streit um Arbeitslohn gegangen, dann hätten plötzlich alle J.s Messer in der Hand gehabt, berichteten die S.-Brüder. Nachdem Kriste niedergestochen worden war, habe er mit einem Samuraischwert die drei J.s aus der Bar gejagt, sagte Mikel S. Er könne nicht ausschließen, dabei Adnan J. tödlich verletzt zu haben.