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Der Deichkörper ist fast fertig

Rechtselbisch entsteht derzeit das größte Hochwasserschutzbauwerk. Die Trockenheit ist dafür gerade recht.

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© Norbert Millauer

Von Peter Redlich

Radebeul. Im Zehnminutentakt rollen die schweren Lkws an. Auf der Ladefläche haben sie tonnenweise Lehm geladen. Aus Wilsdruff, dem Zwischenlager, wird der nach Radebeul-Fürstenhain an den Auenweg gefahren. Der Lehm ist der wesentliche Baustoff für den neuen Deich am Westrand von Kötzschenbroda. 25 000 Kubikmeter werden davon gebraucht. Viereinhalb Meter hoch soll das Bauwerk im Endzustand werden, 360 Meter lang.

Das obere Ende der Deichscharte hat Führungsschienen für die mobilen Teile zum Einschieben im Notfall.
Das obere Ende der Deichscharte hat Führungsschienen für die mobilen Teile zum Einschieben im Notfall.
Der Lehm für den Deich hat derzeit noch genug Feuchtigkeit.
Der Lehm für den Deich hat derzeit noch genug Feuchtigkeit. © Peter Redlich
Die Überströmstrecke wird von Lehrling Richard Poeschk mit bis zu 50 Kilogramm schweren Pflastersteinen angelegt.
Die Überströmstrecke wird von Lehrling Richard Poeschk mit bis zu 50 Kilogramm schweren Pflastersteinen angelegt. © Norbert Millauer

Lastwagen für Lastwagen rangiert an den Deichfuß und kippt die hellbraune Masse ab. Von oben auf dem Deich greift der Ladung ein Baggerarm entgegen und verteilt den Lehm auf der Deichspitze. Wenn genügend obendrauf liegt, schieben ihn die Männer der Baufirma Swietelsky mit der Planierraupe breit. Ist er verteilt, wechselt der Raupenfahrer auf eine weitere Maschine mit einer großen Walze vornedran. Damit wird verdichtet.

„Der Lehm muss Schicht für Schicht miteinander abbinden“, sagt Elisabeth Ludwig von der Landestalsperrenverwaltung. Sie ist die Projektleiterin für alle Hochwasserbauvorhaben in Radebeul.

Die Sonne gleißt vom Himmel, jede Viertelstunde legt das Thermometer ein Grad zu. Hinter Autos, die am provisorisch mit Schotter aufgeschütteten Auenweg rollen müssen, bildet sich eine Staubfahne wie in der Sahara. Ähnlich war es mit dem Lehm noch vor zwei Wochen, sagt die Projektleiterin. „Mir taten die Anwohner leid, die wegen des Staubs tagsüber kein Fenster öffnen konnten.“ Aber genau dieses Wetter sei gut für den Deichbau. Trockenheit und ein Lehm, der nur noch Restfeuchte hat. Kommt viel Regen drauf, dann wird die Masse wie Gummi und denkt nicht daran, miteinander Schicht für Schicht abzubinden. Der Regen vorige Woche sei gerade noch richtig gewesen, um etwas Feuchte zu bekommen, aber eben nicht zu viel.

Zwei Drittel des Deiches befinden sich östlich der sogenannten Deichscharte. Die Scharte ist der Bau, an welchem künftig der Deich in fast 4,5 Meter Höhe überquert werden kann, um zu den Gärten in den Elbwiesen zu gelangen. Massiver Beton, teils verkleidet mit Sandstein, ist zu erkennen. Auf den letzten anderthalb Metern ganz oben sind Schienen in der Deichscharte senkrecht eingebaut. Hier sollen bei einem wirklich schlimmen Hochwasser mobile Sperren die Elbe von der Wohnsiedlung abhalten. Die Radebeuler Feuerwehr wird dafür zuständig sein.

Westlich von der Scharte sieht die Deichoberfläche ganz anders aus. Pflasterstein neben Pflasterstein wird hier verlegt. Schwarz-weißer Granit, jeweils so groß wie ein Männerkopf. Tobias Otto, Frank Augustin und Richard Poeschk sind hier die Arbeiter, die die Steine Stück für Stück in den Kies verlegen. Kein Spaß bei der sengenden Sonne – dennoch akkurat, 1 400 Quadratmeter. Diese Fläche muss so hart befestigt werden, weil sie die Überlaufstrecke sein soll, wenn der Wasserdruck von der Elbseite mit dem Ansteigen zu hoch wird. Aber eigentlich will hier in Fürstenhain das keiner wieder erleben. Denn dann würde zumindest die erste Reihe Häuser erneut absaufen. Mit dem neuen Deich allerdings niemals wieder so schlimm und plötzlich wie 2013, als die alte Mauer und der eilends aufgeschüttete Erddamm nachts binnen Sekunden weggespült wurde. „Das Wasser würde dann viel langsamer kommen können, als wenn es mit Fließrichtung der Elbe drücken kann“, sagt Elisabeth Ludwig. Deshalb ist der Überlauf nicht dort im Osten, wo die Elbe auf Radebeul trifft, sondern am Ende des neuen Deichs.

Ganz am Ende des Deichs beginnt das Gelände der Friedenskirche. Hier, wo lange gestritten wurde, weil in der Erde Gebeine von vor 300 Jahren liegen, ist ein Kompromiss zwischen Hochwasserschutz und Totenruhe geschlossen worden. Die Gemeinde bekommt dafür eine neue Mauer, einen neuen Zaun und eben auch Schutz.

Die Bauarbeiten liegen im Kostenrahmen und offenbar auch weitestgehend in der Zeit. 4,5 Millionen Euro sind für den gesamten Fürstenhainer Deich veranschlagt. Ende August soll das reine Hochwasserbauwerk stehen. Danach muss noch der Auenweg wieder angelegt werden. Unter den Weg kommen neue Abwasserrohre. Die Grundstückszufahrten wieder anzulegen, gehört auch dazu. Und ganz zuletzt, wenn es hoffentlich wieder Regen gibt, wird der Rasen in die Muttererde auf dem Deich gesät.

Jahresende, sagt die Projektverantwortliche Elisabeth Ludwig, soll das erste neue Deichbauwerk für Radebeul komplett sein.