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Der Fotograf der Mächtigen und Schönen

Hartmut Schorsch arbeitete für „FF-Dabei“, „Für Dich“und den Palast der Republik. Knapp drei Jahrzehnte lang begleitete er DDR-Stars. Jetzt zeigt er seine Bilder in Pirna.

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Von Christian Eißner

Der Staatsratsvorsitzende als fröhlicher, kumpelhafter Typ. „Walter Ulbricht war tatsächlich so.“ Hartmut Schorsch schmunzelt, eines seiner berühmtesten Fotos vor Augen. Das Bild zeigt, wie Ulbricht einem strahlenden Manfred Krug 1968 zum Kultur-Nationalpreis für den Fernseh-Fünfteiler „Wege übers Land“ gratuliert. „Irgendjemand hatte einen Witz erzählt, ich brauchte nur noch auf den Auslöser zu drücken.“

Froschperspektiven-Schorsch haben ihn seine Kollegen halb abschätzig, halb bewundernd genannt. Weil er manches Bild seiner Reportagen über die Großen der DDR aus der Hüfte schoss, sich als Fotograf völlig unsichtbar machte.

Die Aufnahmen, die entstanden, sprechen für sich. Margot Honecker mit ihrer Tochter Sonja 1963 beim Weihnachtseinkauf in Berlin, Eiskunstlauf-Weltmeisterin Gaby Seifert in einer Trainingspause. Er hat sie alle vor der Linse gehabt, manche über Jahre fotografisch begleitet: Die Polit-Elite von Erich Honecker über Walter Ulbricht bis Leonid Breschnew, und die Publikumslieblinge des DDR-Fernsehens: Regina Thoss, Theo Adam, O.F. Weidling, Helga Hahnemann. Seine Fotos zierten Dutzende Titelblätter der „FürDich“ und der „FFDabei“.

Schenkung für DDR-Museum

Über den Fotografen Hartmut Schorsch ist wenig bekannt, obwohl man ihn getrost zu den größten Promi-Bildreportern in der DDR zählen kann. Um seine Arbeit hat er nie viel Aufhebens gemacht, er galt als professionell, zurückhaltend – und sehr akribisch. „Ich habe alles aufgeschrieben, aufgeklebt und aufgehoben.“

Das zahlt sich jetzt aus. Soeben hat der 74-Jährige, der heute im Erzgbirge lebt, dem DDR-Museum Pirna rund 1500 Fotos, Negative, Zeitschriften-Titelblätter, Bildbände, Plattencover und Plakate aus seinem Archiv geschenkt. Seit der Eröffnung der Ausstellung am 1.Mai strömt das Publikum in die ehemalige Kaserne in Pirnas Südvorstadt und schwelgt in Erinnerungen. Ab und an sogar mit Tränen in den Augen.

Es ist die Rückbesinnung auf eine Zeit, die immer mehr verklärt wird. Schorschs Motive zeigen fast ausnahmslos eine heile DDR-Welt. Noch vor zehn Jahren hat er Fotos aus seinem rund 100000 Bilder umfassenden Archiv kistenweise verbrannt, weil Verlage und Museen ihn auslachten, als er ihnen die Dokumente anbot. Heute ist das Interesse bei denen, die die DDR erlebten, riesengroß. Und die Faszination bei den Jungen, die etwas über das Land wissen wollen. „Ich bin glücklich, dass die Fotos jetzt gesichert sind“, sagt Schorsch.

Immer wieder wird er über sein Verhältnis zur DDR ausgefragt. Wer so nah an die Mächtigen herankam, der musste doch was mit der Stasi zu tun haben. „Nie“, sagt Schorsch. In der Partei sei er allerdings schon gewesen.

Auf das Ablichten Prominenter hat sich Schorsch nie beschränkt. Er arbeitete die ganze Palette fotografischen Schaffens durch: Reportagen aus LPGs und Betrieben, Biografien, Porträts der Stadt Berlin, Auslandsreportagen, Propaganda-Plakate. Ein Ausschnitt des Schaffens hängt jetzt im DDR-Museum.

DDR-Museum Pirna, Rottwerndorfer Straße45m, geöffnet Di–So 10–18 Uhr;

Eintritt 4 Euro, ermäßigt 3 Euro

www.ddr-museum-pirna.de