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Der Geist des Geldeintreibers

SZ-Adventskalender, Türchen 17: Sagen aus der Sächsischen Schweiz – Wie ein Pirnaer Rom half.

Von Peter Ufer
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Josef (9) aus Pirna als der Ablasshändler Johann Tetzel.
Josef (9) aus Pirna als der Ablasshändler Johann Tetzel. © Marko Förster

Sein Geist schleicht heute noch durch die Gassen Sachsens. Er treibe Spenden ein für ein neues Großprojekt, heißt es dann. Geboren vor über 555 Jahren in Pirna, reiste Johann Tetzel nach seinem Theologiestudium in Leipzig als Außendienstler des deutschen Ritterordens durchs deutsche Land. Er fuhr er mit seinem Ablasskasten umher, obendrauf ein Schnitzgesicht des Teufels. Dann rief er über die Marktplätze sein Motto: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt.“

Zum Schluss holte ihn die Pest. Und jene die meinen, alles hänge mit allem zusammen, die sehen das als gerechte Strafe an. Er gilt den meisten als Gauner, der mit den Sünden der Menschen ein gutes Geschäft machte. Eine Art Schalck-Golodkowski der katholischen Kirche. Nur hießen die Devisen Anfang des 16. Jahrhunderts noch Heller, Kreuzer, Batzen, Dukaten oder Gulden. Er trieb es auch sonst ziemlich wild, was dazu führte, dass er in Innsbruck wegen Ehebruchs und Spielbetrugs zum Tod durch Ertränken verurteilt wurde. Doch der Kurfürst Friedrich von Sachsen rettete ihn davor. Er wusste, was er an Tetzel hatte. Der Mann war einer, der half, sich beim Papst einzuschleimen. Denn der oberste Hirte plante schon länger einen schicken Neubau in Rom und verschätzte sich sowohl bei den Kosten als auch der Bauzeit. Grundsteinlegung war 1506, Einweihung 1626. Egal, ausreichend Mittel heiligen bekanntlich den Zweck.

Johann Tetzels Geschäftsidee basierte darauf, dass er Geld besorgte, indem er Ablassbriefe verkaufte. Es ging schon damals nicht darum, Sünden zu erlassen, sondern die Strafe dafür sollte geringer ausfallen. Die Verweildauer im Fegefeuer ließ sich mit einem ordentlichen Batzen Münzen verkürzen. Hohe Gebühren gegen gutes Gewissen. Martin Luther arbeitete sich an der Pervertierung des Ablasshandels ab. Die Ökonomisierung des Glaubens sei pervers. Da hatte er recht. Doch ohne Tetzel hätte es Luthers Reformation nicht gegeben. Die Leistung des Pirnaer Predigers wird viel zu wenig gewürdigt, man sollte ihm ein Denkmal bauen. Es könnte in der Nähe des Geburtshauses stehen. In dem Tetzelhaus befinden sich heute übrigens eine Anwaltskanzlei und eine Psychotherapie. Wie passend.

Gelesen werden die Sagen täglich, 17 Uhr, auf dem Pirnaer Canalettomarkt vom Weihnachtsmann, auch das Kalenderkind ist dann mit auf der Bühne.