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Der Häuptlingsanzug ist zurück

Nach 76 Jahren kehrt ein wertvolles Ausstellungsstück ins Karl-May-Museum zurück.

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© Norbert Millauer

Von Peter Redlich

Das gab es im Karl-May-Museum noch nicht. Ein höchst wertvolles Ausstellungsstück kommt aus dem Westen zurück nach Radebeul. Bislang musste die Karl-May-Stiftung mit dem hiesigen Museum immer immense Summen aufwenden, um zurückzukaufen, was die DDR-Kulturführung einst gegen Devisen verhökert hatte. Jetzt haben sich Museumschefin Claudia Kaulfuß und der für die indianische Sammlung zuständige Wissenschaftler Robin Leipold etwas ganz Besonderes aus dem Völkerkundemuseum Mannheim zurückgeholt – ohne dafür zu zahlen.

Es ist der Festanzug des berühmten Lakota-Häuptlings Red Cloud (Rote Wolke, 1822-1909). Red Cloud war Anführer der Bad Faces, einer militanten Gruppe der Oglala-Lakota-Indianer, und einer der größten militärischen und politischen Führer der Prärie-Indianer. Der Festanzug ist aus Hirschleder gefertigt, das Hemd bestickt mit Perlen und behangen mit Haaren von Stammesmitgliedern. Dazu gehören die Leggins zum Schnüren und der mit Federn bestückte Kopfschmuck. Patty Frank, der Begründer des Karl-May-Museums, hat ihn vor über 100 Jahren auf seinen Tourneen als Schausteller in den USA erworben.

Weil Patty Frank aber stets nach neuen Stücken für sein Museum in Radebeul Ausschau hielt und noch andere Häuptlingskleider besaß, bot er Stücke aus seiner Sammlung anderen Museen zum Tausch an. Robin Leipold: „Wir haben hier den Briefwechsel von 1939 mit dem Mannheimer Völkerkundemuseum.“ Daraus ist zu entnehmen, dass Frank dort den Anzug anbot und ihn auch zum Begutachten hinschickte. Im Gegenzug wollte er vom dortigen Museumsleiter einen sogenannten Wampum-Gürtel haben, ein aus Perlen gestickter Gürtel, ebenfalls eine Kostbarkeit, so Kustos Leipold.

Der Tausch kam nicht zustande, trotz mehrmaliger Nachfragen von Patty Frank. Es folgten die Kriegswirren bis 1945. Erst 1950 fragte der Radebeuler wieder nach. In Mannheim wurde ihm versprochen, dass nach dem Anzug gesucht werde. Mehr nicht. 1959 verstarb Patty Frank. Fünf Jahre später hieß es in einem Schreiben aus dem Westen, der Anzug sei nicht auffindbar. Erst 2014 kam unerwartet neue Hoffnung auf. Seitdem haben die Radebeuler Kontakt mit Martin Schulz, Ethnologe und ehemaliger Sammlungsleiter vom Mannheim Museum. Er hatte einen Artikel mit Abbildungen zu einem Festanzug von einem Häuptling in der Fachpresse veröffentlicht. Leipold kannte Karteikarten mit sehr genauen Zeichnungen und Beschreibungen des Red-Cloud-Anzugs. Beide Abbildungen – die im Artikel von Schulz und auf den Karteikarten – stimmten überein.

Danach ging alles sehr schnell. Die Radebeuler Museumsleitung wandte sich am 27. März dieses Jahres an die Mannheimer und stellte Patty Franks Karteikarten und den Briefwechsel der dortigen Sammlungsleiterin als Beweis zur Verfügung. Vorige Woche war Museumsleiterin Claudia Kaulfuß mit einer extra für den Transport angefertigten Kiste in Mannheim.

Der Anzug ist sehr gut erhalten. Warum er in den vielen Jahrzehnten vorher nicht auffindbar gewesen sein soll, kann sich heute niemand erklären. Die Karl-May-Museumschefin zeigte sich jedenfalls „sehr dankbar, dass die Mannheimer so fair waren und gleich nachgeschaut haben“. In den nächsten Wochen soll der Häuptlingsanzug von einem Restaurator untersucht werden. Das besondere Kleid soll möglichst noch in diesem Jahr den Besuchern gezeigt werden.