Merken

Der harte Kampf um das Personal

In Dresden müssen Friseure ihre Läden schließen oder Termine absagen, weil sie keine Mitarbeiter finden.

Von Julia Vollmer
 4 Min.
Teilen
Folgen
Für Modenschauen finden sich immer reichlich Friseure.
Für Modenschauen finden sich immer reichlich Friseure. © dpa

Lange Wartezeiten auf einen Termin und häufig ausgebuchte Mitarbeiter an den Abenden oder am Samstag. Wer sich in Dresden vor Weihnachten gerne noch mal frisieren lassen möchte, kennt das Problem. Immer öfter müssen sogar Friseurläden zu machen. Die Ursache: Personalnot. Vom Fachkräftemangel betroffen ist auch das Unternehmen Friseur Vision. Drei seiner acht Filialen in der Stadt musste das Unternehmen schließen. Unter anderem die in Alttrachau. Das bestätigt Saskia Jagemann, die stellvertretende Geschäftsführerin. 

„Der Grund sind nicht fehlende Kunden, im Gegenteil, diese standen Schlange bis vor die Tür, sondern das fehlende Personal“, sagt sie. Nicht nur an ausgebildeten Fachleuten fehle es ihr, sondern auch an Azubis. Es kämen zu wenige nach.

Ihrer Erfahrung nach fehle es nicht an der Bereitschaft, am Wochenende oder am Abend zu arbeiten wie in der Gastronomie oder im Bäckerhandwerk. Sondern daran, dass es zwar genügend ausgebildete Friseure gibt, viele von ihnen sich aber nicht auf die offenen Stellen bewerben. Das Friseurhandwerk ist nach wie vor ein viel gelernter Beruf. „Doch die Motivation zu arbeiten wird der Jugend heutzutage über TV, Songs, Internet zum Teil genommen“, beobachtet Jagemann. 

Auch bei den Bewerbungen von potenziellen Azubis gäbe es mitunter Probleme. Viele Bewerber würden bereits beim Vorlegen des Zeugnisses scheitern. „Da gibt es unentschuldigte Fehltage, mangelhafte bis ausreichende Noten, keinen Schulabschluss oder unprofessionelle Bewerbungsunterlagen“, sagt sie.

Das Problem Personalnot kennt auch Friseur Christian Schneider. Gerne würde er noch mehr Azubis einstellen. Doch die Suche ist schwer. „Wir müssen manchmal sogar Kunden wegschicken, weil wir nicht genügend Leute haben“, sagt er. Viele Salons in Dresden müssten sich gegen die Preisdrücker durchsetzen. Zum Teil bieten Salons Haarschnitte ab 20 Euro für Damen an. Das schlägt sich dann auf die Löhne nieder. Die Folge: Immer weniger Menschen wollen langfristig in dem Beruf bleiben. Zumal er auch körperlich anstrengend ist.

Susann Opitz von Opitz-Friseure am Schießhaus betont, es läge nicht an der Zahl der Auszubildenden, die neu die Lehre begönnen, sondern an der niedrigen Zahl der ausgelernten Fachkräfte.

„Es werden jedes Jahr genügend ausgebildet, es gibt immer drei volle Berufsschulklassen. Wir bei Opitz Friseure haben auch jedes Jahr rund 30 Bewerbungen auf einen Ausbildungsplatz.“

Es gäbe auch öfter Abiturienten oder Akademiker, die dann doch gern eine Friseurausbildung machen möchten. „Das Problem macht sich die Branche selbst, mit viel zu niedrigen Preisen. Dadurch entsteht Fließbandarbeit und schlechte Qualität sowie schlechte Bezahlung, und es wertet den Friseurberuf ab“, so Opitz. An jeder Ecke eröffne ein Friseursalon, und entweder stehe der Inhaber allein darin oder mit maximal zwei Mitarbeitern und kämpfe im Alltag vor sich hin. „Und das macht den Beruf nicht sehr attraktiv.“

Auch die Handwerkskammer bestätigt, dass die Zahl der neuen Azubis nicht das Problem der Branche ist. Laut aktuellen Zahlen lernen 181 junge Leute den Friseurberuf. 2013 waren es nur 135. Schwierig ist eher die hohe Abbruchquote. Im Jahr 2017 haben insgesamt 110 Friseur-Lehrlinge ihren Ausbildungsvertrag vorzeitig aufgelöst. „Allein 48 Lehrverhältnisse wurden in der Probezeit aufgehoben, das heißt innerhalb der ersten vier Monate nach Beginn der Ausbildung“, sagt Sprecher Daniel Bagehorn. Oftmals steckten falsche Vorstellungen und Erwartungen der Jugendlichen hinsichtlich des Berufs hinter diesen Vertragsauflösungen.

„Es nimmt auch die Zahl derjenigen zu, die von einem Beruf in einen anderen wechseln“, so Bagehorn. Neben persönlichen Gründen spielten hierbei nicht selten gesundheitsbedingte Gründe eine Rolle. Das lange Stehen und der Umgang mit Chemikalien hinterlassen Spuren.

Im Zuge des demografischen Wandels nimmt der Wettbewerb um Fachkräfte überall zu. Das beobachten auch die Friseure. Susann Opitz zahlt inzwischen Prämien an Kunden, die ihr Friseure vermitteln. Auch Christoph Steinigen vom Directors Cut betont: „Es ist längst kein Kampf um die Kunden mehr, sondern um das Personal.“


Weitere Texte des Themenpakets:

Weiterbildung als Selbstverständlichkeit

Wie dieser Friseur seine Leute hält