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Der Jubiläumsvogel

Es ist alles vorbereitet für das 50. Schützenfest. Tischler Martin Will ist zufrieden mit seinem Vogel.

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© Lutz Weidler

Von Sandro Heym

Diesbar-Seußlitz. Die letzten Pinselstriche sind gemacht. Der bunt gestaltete Holzvogel ist zum Abschuss bereit. „Da steckt viel Arbeit dahinter“, sagt Martin Will. Der Mann aus Diesbar-Seußlitz hatte das richtige Holz verarbeiten müssen, damit es bei einem Schuss mit der Armbrust auch wie vorgesehen platzt. Die Hälse und die Flügel hat er ausgesägt und den ganzen Vogel zum Schluss angemalt.

Der Aufwand hat seinen Grund: Wer das letzte Stück des Vogels abschießt, der wird der neue Schützenkönig. Martin Will ist dies im vergangenen Jahr gelungen. Wer sein Nachfolger wird, entscheidet sich am Wochenende, bei der 50. Auflage des Wein- und Schützenfestes in Diesbar-Seußlitz. – Das erste Fest 1968 war eine Jubiläumsveranstaltung zum 700-jährigen Bestehen des Seußlitzer Klosters. Der Dorfclub Diesbar-Seußlitz organisierte damals den Festumzug, der die Geschichte des Dorfes widerspiegeln sollte. Mitglied Gerd Ulrich hatte seinerzeit die Idee zur Wahl einer Weinkönigin, wodurch Gudrun Reichardt zur ersten Weinmajestät in Sachsen überhaupt wurde. Nach der Wende allerdings wurde der Dorfclub aufgelöst.

Die Tradition des Wein- und Schützenfestes führt der 1992 gegründete Schützenverein fort, bei dem sich viele ehemalige Mitglieder des Dorfclubs engagieren. Sie wollten das Vogelschießen mit der Armbrust nicht fallenlassen. Damals baute Tischler Walter Waurenschk die Vögel. Dabei wurde jährlich ein Schützenkönig bei Erwachsenen und einer bei den Kindern ermittelt. „Das Vogelschießen gibt es schon sehr lange. Der Vater meines Schwiegervaters hat das damals schon in Gohlis gemacht“, sagt Martin Will. Der 81-Jährige ist ebenfalls Tischler. Am Sonnabend, wenn er als amtierender Schützenkönig abgeholt wird, gibt er den ersten Schuss ab. „Danach kann man sich für je einen Euro einen Schuss kaufen“, so Martin Will. In erster Linie steht dabei der Spaß im Vordergrund.

Am Sonntag, wenn der neue Schützenkönig ermittelt wird, schießen nur die Mitglieder des Vereins auf den Rest des Vogels. „Unsere rund 55 Mitglieder nehmen auch an Turnieren teil“, erklärt der Tischler. Dieses Jahr schießt er selbst aber nicht weiter mit. „Ich habe mich gefreut, dass ich letztes Jahr zum ersten Mal gewonnen habe, aber ich bin schon zufrieden, wenn sich alle am Vogelschießen erfreuen“, sagt Will.