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Der Kontrast zu den Kaczynskis

Im Blickpunkt

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Von Knut Krohn, SZ-Korrespondent in Warschau

Das erinnert an Locarno und an den Molotow-Ribbentrop-Pakt.“ Nach diesem Satz wusste Europa, wie Radek Sikorski denkt und handelt: national, konservativ, hart in der Sache, scharf in den Formulierungen. Im vorigen Jahr noch polnischer Verteidigungsminister unter Jaroslaw Kaczynski, verglich er die geplante Ostsee-Pipeline für Erdgas mit dem Nichtangriffspakt zwischen Nazi-Deutschland und der stalinistischen Sowjetunion.

Sikorski war damals das Aushängeschild im Kabinett und repräsentierte das krasse Gegenteil der provinziellen Zwillinge. Doch der selbstbewusste 44-jährige Politiker wollte sich von den Kaczynskis dann doch nicht an die kurze Leine legen lassen und trat im vergangenen Februar zurück. Den Kaczynskis war Sikorski nicht nur wegen seiner konservativen Haltung aufgefallen. Ihnen imponierte auch, dass er sich früh gegen das kommunistische Regime gestemmt hatte. Während der Solidarnosc-Zeit leitete er in seiner Heimatstadt Bydgoszcz ein innerschulisches Streikkomitee. Sikorski selbst bezeichnet seine Jugend als „durchschnittlich sozialistisch“. In seinem Buch „Das polnische Haus“ schreibt er: „Während unsere rebellischen Zeitgenossen im Westen sich anarchistischen Gruppierungen anschlossen oder Drogen durchprobierten, äußerte unser Protest sich darin, dass wir Pilgerfahrten unternahmen, einen Straßenaltar für die Corpus-Christi-Prozession bastelten oder die Kapelle kehrten.“

Doch so angepasst wie Sikorski sich selbst sieht, war er wohl doch nicht. Denn nach dem Abitur wollte er sich nicht der Obrigkeit beugen. Er verließ Polen und studierte Politik und Philosophie in Oxford. Danach begannen seine Wanderjahre als Journalist. Er arbeitete als Auslandskorrespondent für den „Observer“ in Afghanistan, Angola und Jugoslawien. Ganz oben angekommen war er, als ihm für eines seiner Fotos im Jahr 1988 der World Press Photo-Award verliehen wurde. Das war die Zeit, als der Verleger Rupert Murdoch auf ihn aufmerksam wurde und Sikorski zu seinem Polen-Berater machte.

Anfang der 90er Jahre begann er seine politische Karriere. 1992 wurde er stellvertretender Verteidigungsminister und nach einem Regierungswechsel von 1998 bis 2001 zweiter Mann im Außenministerium. Danach zog es ihn in die USA, wo er als Direktor des American Enterprise Institute arbeitet. Im Jahr 2005 kehrte Sikorski, der mit der amerikanischen Historikerin und Pulitzer-Preisträgerin Anne Applebaum verheiratet ist und zwei Kinder hat, zurück nach Polen. Dort wurde er in den Senat gewählt.

Nach seinem Rücktritt als Verteidigungsminister trat er kurz vor der vorgezogenen Parlamentswahl der liberal-konservativen Bürgerplattform bei und wird nun als neuer Außenminister Polens gehandelt. Zwei Männer wollen die Ernennung verhindern: Lech und Jaroslaw Kaczynski.