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Der lüsterne Bierkastenräuber

Dem Sex im Hochzeitspavillon von Sebnitz folgte ein Gerangel um Alkohol. Dafür muss ein Mann nun teuer bezahlen.

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© Dirk Zschiedrich

Von Yvonne Popp

Sebnitz. Die Tat ist dem Angeklagten heute unsagbar peinlich. Dass öffentlich darüber berichtet wurde, sei für ihn das Schlimmste, sagte er am Amtsgericht in Pirna. Deshalb nehme er auch jede Strafe hin. Offensichtlich war dem vielfach vorbestraften Deutschen da noch nicht klar, wie hart diese am Ende ausfallen könnte. Die Anklage lautete Raub.

Ebenso wenig vor Augen hatte er die Tat an sich. Bereits zum Prozessauftakt Ende März hatte der Mann vorgegeben, sich kaum noch an etwas erinnern zu können. Er wisse nur, dass er mit seiner Freundin und einem Kumpel im Hochzeitspavillon in Sebnitz gefeiert hatte und dass es da einen Vorfall mit einem Bierkasten gegeben hatte. Das sei aber auch schon alles.

Dem Geschädigten dagegen ist das Geschehen vom Abend des 29. August vergangenen Jahres noch deutlich in Erinnerung. Zusammen mit Freunden hatte er auf einer Bank vor dem Pavillon am Sebnitzbach gesessen und den Feierabend genossen. Doch der Krawall, den die drei anderen veranstalteten, störte immens. Wenig später sei es dann so richtig unschön geworden, sagte der 19-Jährige. Damit meinte er, dass sich der Angeklagte von der Frau hatte oral befriedigen lassen. Deswegen, so erklärte er, habe sein Kumpel auch die Polizei gerufen. Davon bekam das Dreigespann Wind und schickte sich an, den Pavillon zu verlassen. Dabei griff der Angeklagte im Vorbeigehen nach dem Bierkasten der Jugendlichen. „Ich versuchte noch, ihn festzuhalten“, schilderte der junge Zeuge. Aber als der Mann dann mit einer leeren Flasche ausholte, habe er lieber losgelassen. Insgesamt sei die Situation für ihn ziemlich bedrohlich gewesen, meinte er. Das bestätigte auch eine Freundin. Sie hatte „Lass los, lass los, sonst fängst du noch eine“ gerufen, als das Opfer mit dem Angeklagten um den Bierkasten gekämpft hatte.

Kein unbeschriebenes Blatt

Das alles hören zu müssen, war dem Beschuldigten sichtlich unangenehm. „Es tut mir leid. Ich weiß davon nichts mehr. Ich hatte wohl zu viel getrunken“, brachte er als Entschuldigung hervor. Außerdem ersetzte er den Bierkasten, indem er noch im Gerichtssaal zehn Euro an den Geschädigten zahlte.

Dass sein Mandant das Bier tatsächlich entwendet hatte, war auch für den Verteidiger unstrittig. Er jedoch sah das entscheidende Tatmerkmal des schweren Raubes, nämlich die Bedrohung mittels eines gefährlichen Gegenstands, nicht als erwiesen an, da sich die Zeugenaussagen nicht ganz deckten, was die Intensität der Drohgebärde und den dabei eingesetzten Gegenstand betraf. Er beantragte, gegen seinen Mandanten lediglich eine Geldstrafe wegen Diebstahls zu verhängen.

Dem konnte das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Andreas Beeskow nicht folgen. Es glaubte den Aussagen des Geschädigten und der Zeugen, denn im Kern hatten alle gesagt, dass sich der Angeklagte den Bierkasten mit Gewalt hatte aneignen wollen.

Wegen schweren Raubes verurteilte es den Mann aus Sebnitz zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und einem Monat. Bei der Urteilsfindung fiel schwer ins Gewicht, dass der Angeklagte zur Tatzeit bereits wiederholt unter Bewährung gestanden hatte. Auch die Vielzahl seiner zum Teil einschlägigen Vorstrafen wirkte sich wenig günstig aus, sodass das Gericht am Ende keine Möglichkeit sah, den Mann noch einmal mit einer Bewährungsstrafe davonkommen lassen zu können.