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Der malende Polizist

Harte Schale – künstlerischer Kern. Peter Alexander Jäckel ging einst auf Verbrecherjagd. Heute frönt er den schönen Dingen.

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© Anne Hübschmann

Von Jürgen Müller

Niederau. Viele Jahre lang ging der Polizeioberkommissar Peter Alexander Jäckel auf Verbrecherjagd. Doch hinter der Fassade eines knallharten Polizisten verbirgt sich ein weicher Kern, ein künstlerischer Feingeist. Der heute 75-Jährige malt seit seiner frühesten Jugend. Die Malerei ist für ihn weit mehr als nur ein Hobby. Sie ist Berufung. Dabei ist er ein sehr vielseitiger Künstler, egal ob Stillleben, Landschaften oder Karikaturen. Schon während seiner Dienstzeit hat er sich mit Polizeikarikaturen einen Namen gemacht. Mit Hingabe malt er Porträts. Bilder von sächsischen Originalen wie Wolfgang Stumpf, Rolf Hoppe und Peter Sodann sind entstanden. Besonders Letzterem ist er persönlich sehr verbunden. Dem 82-jährigen ehemaligen Tatort-Kommissar bringt er nicht nur Respekt, sondern Bewunderung entgegen: „Dieser Mann hat ein unglaubliches Wissen“, schwärmt er. Und er schätzt auch dessen Direktheit. „Damit Sie es wissen, ich bin Kommunist“, habe ihm Sodann bei der ersten Begegnung gesagt. Und das einem Mann, der in Altenburg geboren wurde, mit seinen Eltern in die Bundesrepublik floh und bis 1971 im Kölner Polizeidienst tätig war. Zu Sodanns 80. Geburtstag hat ihm Jäckel ein Porträt gemalt.

So oft es geht, ist der Pensionär im Keller seines Hauses in Gröbern, malt dann stundenlang. Seine Frau Ursula, mit der er vor zwei Jahren goldene Hochzeit feierte, ist dabei seine größte Kritikerin. „Meistens ist sie aber mit mir zufrieden“, sagt er und lacht.

Jäckel begann als Autodidakt. Zwar wollte er schon als Jugendlicher Kunstmaler werden, doch das klappte nicht. „Ich stamme aus einfachen Verhältnissen, meine Eltern hatten nicht das Geld, um ein Studium zu finanzieren“, sagt er. Und lernt so erst einmal etwas „Richtiges“, absolviert eine Lehre als Dreher und erwirbt später den Meisterbrief im Maschinenbau. Doch lange arbeitet er in dem Beruf nicht. 1971 bewirbt er sich bei der Kölner Polizei, bringt es bis zum gehobenen Dienst.

1980 gelingt Jäckel der künstlerische Durchbruch. Bei einem Wettbewerb in Köln, an dem 450 Künstler teilnehmen, belegt er den 1. Platz. Doch er gibt sich nicht zufrieden, will sich weiterentwickeln, entdeckt auch sein Talent am Modellieren. Deshalb besucht er ab 1990 für mehrere Jahre nebenberuflich die Keramikschule Köln, absolviert 1994 zudem ein Studium der Malerei, Philosophie und Kunstgeschichte an der Kunsthochschule Köln, das er sechs Jahre später abschließt.

Nach der Wende besucht er seine Geburtsstadt Altenburg, macht mit seiner Frau Urlaub an der Ostsee. „Wir haben uns dann nach und nach in Richtung Süden vorgearbeitet“, sagt er. Meißen ist die letzte Station. Den beiden gefällt es hier so gut, dass sie beschließen, ihren Wohnsitz in die Gegend zu verlegen. Freunde vermitteln ihnen ein Haus in Gröbern.

Die Jäckels verkaufen ihr altes Fachwerkhaus im Bergischen Land, das sie in vielen Jahren aufwendig saniert und hergerichtet haben. Dennoch fällt ihnen der Abschied nicht schwer. „Das Haus war gut, aber die Leute waren schwierig“, sagt er. Diese Schwierigkeiten kennt die Familie hier nicht. Alle Nachbarn sind freundlich und hilfsbereit. Er schätzt diese Hilfsbereitschaft, die er in seiner alten Heimat so nicht kannte. Und so zieht der Ex-Polizist, der zuletzt in Köln beim Staatsschutz arbeitet, in die sächsische Provinz. Er, der einst mitten in Köln in der Nähe des Domes wohnte. Köln vermisst er nicht. „Ich möchte von Gröbern nicht mehr weg“, sagt der 75-Jährige.

Schnell haben er und seine Frau sich in der neuen Heimat eingelebt. Peter Jäckel hat eine Malgruppe in Gröbern gegründet, die sich alle 14 Tage trifft, gibt Kunstunterricht an der Grundschule Niederau, stellt zur Künstlernacht im Wasserschloss Oberau aus. Bilder von ihm hingen auch im Polizeirevier Meißen. Nach einem SZ-Bericht hatte Polizeichef Hanjo Protze sich an den Künstler gewandt, ob er nicht ein paar Bilder ausstellen könne. Dem kam der Ex-Polizist gern nach.

Manchmal verschenkt Jäckel auch seine Werke. So malte er seiner Hausärztin zwei Bilder für das Wartezimmer. „Damit die Patienten nicht so stumpf herumsitzen“, sagt er. Peter Alexander Jäckel hat schon neue Pläne. Er möchte ein Karikaturenbuch herausgeben. Dafür braucht er freilich Partner und vor allem einen Verlag, der das druckt. Und er will Sachsens Schlösser, die ihn so faszinieren malen, die Teilbilder zu einem Gesamtbild zusammenfügen.

Die Erinnerung malt mit goldenem Pinsel. Und so ist er heute froh darüber, dass es einst mit dem Kunststudium nicht klappte. „Es hat doch auch sein Gutes, dass ich einen guten Beruf hatte und später nebenher Malerei studieren konnte“, sagt er. Er malt aus Spaß an der Freude. „Ich muss ja nichts verkaufen.“