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Der Mann, der weltmeisterlich Dellen drücken kann

Worin man nicht alles Weltmeister werden kann. Toralf Zimmer ist jetzt auch einer. Als Karosseriebauer.

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Von Heike Sabel

Es war ein bisschen wie bei der Papstwahl. Streng geheim und abgeschirmt. So streng und so geheim, dass Toralf Zimmer weder weiß, wie viele Kollegen in seiner Kategorie am Start waren, noch darf er die Fragen verraten. Doch das ist jetzt auch zweitrangig. Denn Toralf Zimmer darf sich Weltmeister nennen. Seat-Karosseriebau-Weltmeister. Nachdem er vor fünf Jahren Vize war, hat er sich jetzt den Titel im spanischen Barcelona geholt.

Dabei ging es nicht nur geheim zu, sondern musste Zimmer auch viel wissen und seine handwerkliche Fertigkeit unter Beweis stellen. Schon bei den 15 Fachfragen kam Zimmer einige Male ins Grübeln. Die praktische Prüfung dann bestand aus zwei Teilen. Zuerst galt es, einen Schaden zu diagnostizieren, die entsprechenden Teile rauszusuchen und zu vermessen. Das ging ja noch. Das ist Zimmers tägliche Arbeit seit 1992 im Dohnaer Autohaus van Kolck.

Doch das im zweiten Teil geforderte Auswechseln eines Panoramadaches hatte Zimmer in all den Jahren noch nie gemacht. Zwar durfte er den Reparaturleitfaden im Computer nutzen, aber 25 Minuten sind nicht lang. Also überflog er die Hinweise, machte ein paar Handgriffe, las wieder, wechselte weiter. Am Ende hatte Zimmer, wie schon beim Theorieteil, ein gutes Gefühl. „Ich lag in der Zeit, und das Dach hat auch nicht geklappert.“

Eine Runde für die Kegler

Zimmer kannte die Atmosphäre der Seat-Weltmeisterschaft schon. Vor fünf Jahren hatte er sich als einer der drei besten deutschen Seat-Karosseriebauer schon einmal für den Ausscheid qualifiziert. Damals schnappte ihm ein spanischer Kollege den Titel weg. Dieser Spanier war wieder dabei. Doch diesmal sollte die Platzverteilung umgekehrt sein. Bis Zimmer das jedoch erfuhr, dauerte es. Das war dann ein bisschen wie bei der Oscar-Verleihung. Programm, Essen, erstmal Urkunde für alle Teilnehmer, wieder Programm, dann die Ehrung für jede der sechs Kategorien. Insgesamt 81 Fachleute aus 26 Ländern hatten sich den Fragen und Juroren gestellt. „Es ist nicht einfach, abzuschätzen, wie man selbst abgeschnitten hat“, sagt Zimmer. Als der Drittplatzierte in seiner Kategorie genannt wurde und er es nicht war, dachte Zimmer, vielleicht hat’s geklappt. Der Zweite wurde dann der Spanier, und als Zimmers Name als Sieger aufgerufen wurde, war der Jubel am deutschen Tisch groß.

Der Weltmeister-Pokal steht jetzt im Autohaus. Neben dem vom Vize von 2007 und einigen anderen, die Mitarbeiter errungen haben. Eigentlich sind Siege und Pokale für Toralf Zimmer nicht wirklich etwas Besonderes. Denn der Sonnensteiner kegelt bei SV Fortschritt. Da gehört er zwar zu den Besten, für einen Weltmeistertitel hat es aber noch nicht gereicht. Deshalb musste er auch gleich eine Runde geben.

Nach den vielen Glückwünschen zieht langsam wieder Alltag in die Autowerkstatt ein. Ein Panoramafenster hat Zimmer in Dohna noch immer nicht ausgewechselt. Dafür kann er auch weltmeisterlich Dellen herausdrücken. Das heißt fachmännisch smart repair. Der gelernte Maschinenbauer kam über die Feinblechnerei vor 21 Jahren in den Karosseriebau. Damals lernte ihn sein Vater an. In einigen Tagen wird Toralf Zimmer Opa …