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Der nächste Radprofi gesteht jahrelanges Doping

Jetzt gibt auch Michael Boogerd die Einnahme unerlaubter Medikamente zu. Als Betrüger sieht er sich aber offenbar nicht.

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Von Christiana Mansfeld und Ruben Stark

Der Nächste, bitte: Nun kriecht Michael Boogerd zu Kreuze. Als achter Fahrer der ehemaligen Rabobank-Radmannschaft gestand er die Einnahme von Dopingsubstanzen. Nach den Offenbarungen seiner einstigen Rennstallgefährten und auf Druck der Öffentlichkeit entschloss sich der Niederländer, auszupacken. Er räumte ein, von 1997 bis zum Karriereende nach der WM 2007 auf verbotene Substanzen zurückgegriffen zu haben. Der 40-Jährige gab zu, Epo und Kortison benutzt sowie Bluttransfusionen durchgeführt zu haben.

Er gehörte zu den Kunden des in die Wiener Humanplasmaaffäre verwickelten österreichischen Dopinghändlers Stefan Matschiner. Boogerd wurde in seiner Laufbahn niemals positiv auf Doping getestet. „Es gibt nur wenige Aktive, die den Gebrauch von sich aus zugeben. Auch ich besaß nicht den Mut“, betonte der dreifache nationale Meister: „Ich hoffte, dass es zum Geständnis einer Generation kommt. Die Geschichten wurden immer schlimmer. Ich hatte den Eindruck, dass nur ich gejagt wurde – so, als ob jeder meinen Skalp wollte. Die vergangenen Monate waren die unangenehmsten meines Lebens. Ich beschloss: Bis hierher und nicht weiter.“

Den letzten Anstoß gab die Veröffentlichung von vier Rechnungen über 17.000 Euro, die Matschiner der Tageszeitung „NRC Handelsblad“ überließ. Sie belegten die Kooperation von Boogerd und Matschiner. Boogerd erklärte, „immer vorsichtig“ gewesen zu sein. „Ich riskierte nichts und sorgte mit mäßigem Gebrauch dafür, dass ich nie Grenzwerte überschritt“. Er arbeitet als Kommentator für den Fernsehsender „Nos“, der ihn zum Geständnis drängte. Seit 2008 verfolgten den Tour-de-France-Etappensieger Vorwürfe, die der frühere österreichische Gerolsteiner-Profi Bernhard Kohl mit seinem Geständnis auslöste. Matschiner gab Kundennamen preis, beispielsweise Boogerd, der sich nicht als Opfer des Systems betrachtet. „Ich übernehme die Verantwortung für die Fehler, die ich machte, und schiebe sie nicht anderen in die Schuhe.“ Auslöser für seine Entscheidung, verbotene Substanzen zu nehmen, seien jahrelange Nachteile gewesen. In seinem ersten Jahr als Profi sei er 1994 nur hinterhergefahren. „Bei einem Anstieg fuhr ich hinten im Feld. Dabei galt ich als Kletterspezialist. So war es von Rennen zu Rennen.“ Dazu habe ihm der damalige Teamchef Hilaire van der Schueren mangelnden Trainingseifer vorgeworfen.

„Ich war schon ein Tier, aber dadurch tat ich noch mehr. An manchen Tagen absolvierte ich gut 300 Kilometer auf dem Rad.“ Er habe wegen der hohen Erwartungen „wie ein Mönch“ gelebt. Schließlich sei der Reiz, Epo zu probieren, zu groß gewesen. „Es war bei Kontrollen nicht nachzuweisen und leicht zu bekommen. Man fährt besser Rad und erholt sich schneller. Da muss man ein echter Moralritter sein, um dieser Verführung zu widerstehen.“ Doping habe sich zu der Zeit wie eine Seuche ausgebreitet. „Ich hatte nicht das Gefühl, etwas zu machen, das mir den Rest des Lebens leidtut. Es gehörte dazu.“ (sid)