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Der neue Straßen-Strich

Im oberen Osterzgebirge erhält die Fahrbahn erstmals im Kreis ein anderes Gesicht. Das hat einen tieferen Sinn.

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© Dirk Zschiedrich

Von Mandy Schaks

Osterzgebirge. Das Zentrum der Kreispolitik lag diese Woche in einer der entlegensten Ecken, einen Steinwurf von der tschechischen Grenze nach Moldava entfernt, im kleinsten Ort des oberen Osterzgebirges: Neuhermsdorf mit elf Einwohnern. Nur hat wahrscheinlich kaum einer etwas davon bemerkt.

Die neuen Fahrbahnmarkierungen auf Landstraße

Fernstraßen: Drei Fahrstreifen, der mittlere abwechselnd zum Überholen für die eine oder andere Richtung. Typisch: breiter, grüner Mittelstreifen.
Fernstraßen: Drei Fahrstreifen, der mittlere abwechselnd zum Überholen für die eine oder andere Richtung. Typisch: breiter, grüner Mittelstreifen.
Überregionalstraßen: Zweistreifig, abschnittsweise dreistreifig zum Überholen. Typisch: markierte Doppellinien, je nach Situation durchgehend oder unterbrochen.
Überregionalstraßen: Zweistreifig, abschnittsweise dreistreifig zum Überholen. Typisch: markierte Doppellinien, je nach Situation durchgehend oder unterbrochen.
Regionalstraßen:  Zweistreifig. Typisch: durchgehende Linien am Rand, bei Überholrisiko auch in der Mitte, ansonsten einfache gestrichelte Linie.
Regionalstraßen: Zweistreifig. Typisch: durchgehende Linien am Rand, bei Überholrisiko auch in der Mitte, ansonsten einfache gestrichelte Linie.
Nahbereichsstraßen: Wenig Verkehr, schmal, keine Mittellinie. Typisch: keine durchgehende Linie am Rand, sondern 50 cm Abstand davon und gestrichelt.
Nahbereichsstraßen: Wenig Verkehr, schmal, keine Mittellinie. Typisch: keine durchgehende Linie am Rand, sondern 50 cm Abstand davon und gestrichelt.

Östlich von Neuhermsdorf hat das Landesamt für Straßenbau und Verkehr auf der Staatsstraße S 182 den Asphalt auf etwa 800 Meter Länge erneuern lassen. Auf der anderen Hälfte der Straße mit dem bezaubernden Namen Tannenflußweg ist der Belag noch in Ordnung, sollte aber gleich mit eine neue Fahrbahnmarkierung bekommen. Langsam tuckert deshalb ein merkwürdig aussehendes, kleines Gefährt den Berg hinunter, ein Verschnitt aus einer Art Multicar, Mini-Kehrmaschine und verzwergter Melkanlage. Nur kommt da keine Milch heraus, sondern weiße Farbe. Zuvor wirbelt eine rotierende Bürste über den Fahrbahnrand, dass es nur so stiebt und die Steine wegspritzen. Dann ziehen die Straßenbauer mit ihrer Maschine akkurat Strich für Strich auf das Asphaltband. Das ist der Moment, in dem Fotoapparate klicken, Vize-Landrat Heiko Weigel sogar in die Hocke geht, um sich das Straßengemälde ganz nah angucken zu können. Und der Moment, in dem der oberste Chef der Meißner Niederlassung des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr, Holger Wohsmann, nur noch über das ganze Gesicht strahlt und von einer revolutionären Sache spricht. Das knapp zwei Kilometer lange Teilstück der S 182 hat nämlich nicht nur neuen Lack bekommen, der mit der Zeit an jeder Straße irgendwann abgefahren und damit auch kaum noch sichtbar ist. Wohsmann wollte gleich eine ganz neuartige Markierung einführen, erstmals in dieser Form im Landkreis auf einer schmalen, relativ wenig befahrenen Landstraße: statt durchgehender Linie direkt an den Seitenstreifen eine gestrichelte Markierung, mit einem halben Meter Abstand links und rechts vom Fahrbahnrand. „Dadurch hat der Fahrer das Gefühl, die Straße ist schmaler und er muss langsam fahren“, erläutert Professor Christian Lippold von der TU Dresden. Kommt ein Auto entgegen, kann die gestrichelte Linie überfahren werden und ist Platz zum Ausweichen. Das soll die Verkehrssicherheit erhöhen. Ob das klappt, wird unter Federführung des Verkehrswissenschaftlers untersucht.