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Der Pionier von Glashütte

Paul Biber prägte 36 Jahre lang die Ausbildung an der Uhrmacherschule. In Erinnerung bleibt nicht nur sein Geschick.

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© Frank Baldauf

Von Jane Jannke

Glashütte. Paul Biber war ein bescheidener Mann. Zu Lebzeiten stand er nie im Rampenlicht, widmete sein Leben fast ausschließlich der Arbeit. Unermüdlich wirkte der gebürtige Dresdner im Hintergrund – und leistete Pionierarbeit auf dem Gebiet der Feinmechanik in der Uhrmacherausbildung in Glashütte. Vor wenigen Tagen, am 6. Juli, wäre Paul Biber 125 Jahre alt geworden. Anlass genug für das Glashütter Uhrenmuseum, dem passionierten Lehrer eine eigene Ausstellung zu widmen.

Seit 1921 wirkte Paul Biber als Ausbilder für Feinmechanik an der Uhrmacherschule und entwickelte die Ausbildung entscheidend weiter. Die Lehrinhalte, die er entwickelte, sind teilweise noch heute im Gebrauch.
Seit 1921 wirkte Paul Biber als Ausbilder für Feinmechanik an der Uhrmacherschule und entwickelte die Ausbildung entscheidend weiter. Die Lehrinhalte, die er entwickelte, sind teilweise noch heute im Gebrauch. © Uhrenmuseum Glashütte
Oben in der ersten. Reihe, Zweiter von links: Paul Biber
Oben in der ersten. Reihe, Zweiter von links: Paul Biber © Uhrenmuseum Glashütte

Lang war Paul Bibers Leben nicht. Am 1. September 1957, mit nur 66 Jahren, stirbt der gelernte Feinmechaniker und Gewerbelehrer unerwartet. 36 davon widmet er Aufbau und Weiterentwicklung der Abteilung Feinmechanik in der 1878 gegründeten Glashütter Uhrmacherschule. Die Feinmechanik tritt ihren Siegeszug im Uhrmacherwesen nach dem Ersten Weltkrieg mit der Elektrifizierung und dem Aufkommen der ersten Maschinen an. Der Trend geht weg von der klassischen Taschenuhr, hin zu noch feineren, noch präziseren Zeitmessern wie der Armbanduhr. Bis heute lernt jeder angehende Uhrmacher zu allererst die Grundlagen der Feinmechanik, ehe er an die Uhr darf, denn: „Wie man ein Bauteil anfertigt, lernt man nicht aus Büchern, das muss man selbst gemacht haben“, sagt Museumsleiter Reinhard Reichelt. Paul Bibers Gedanken kreisten darum, wie man die maschinelle Herstellung so präzisieren konnte, dass damit kein Qualitätsverlust einhergeht. Unermüdlich tüftelt Biber an den dazu nötigen Messgeräten und Werkzeugen – und trägt sein Wissen an die Auszubildenden weiter. „Noch heute verwenden wir Handbücher in der Ausbildung, die er verfasst hat“, verrät Reichelt.

Die Abteilung Feinmechanik entsteht in Glashütte bereits 1913; doch Paul Biber drückt ihr ab 1921 bis zu seinem Tod den Stempel auf – großteils unter widrigen Umständen. Ihm ist zu einem guten Teil der erfolgreiche Generationenwechsel im Lehrkörper nach dem Zweiten Weltkrieg zu verdanken. „Wir fingen ja nach der Demontage des Werkes quasi bei null an“, erzählt Reinhard Reichelt. Während des Krieges war die Produktion auf Rüstungsgüter umgestellt worden – Zeitzünder statt Uhren. Zahlreiche Patente für Messgeräte resultieren aus jener Zeit. Das Lebenswerk eines Perfektionisten, das Museumsleiter Reinhard Reichelt würdigen möchte. „Er war einfach der richtige Mann für Glashütte, mit seinem Geschick, aber auch mit seiner Menschlichkeit.“

Strenger Lehrer

Seit 2008 betreibt die mithilfe von Glashütte Original gegründete Stiftung Deutsches Uhrenmuseum Glashütte - Nicolas G. Hayek das Museum im ehemaligen Schulhaus – und damit an der Wirkungsstätte Paul Bibers. Nach der Schließung der alten Schule im Jahr 1992 ist der Standort heute mit der praktischen Ausbildung von Glashütte Original abermals Ausbildungsstätte. Die kleine, aber feine Ausstellung im Foyer bietet Einblicke in Paul Bibers Schaffen, seine Verdienste um die Ausbildung. Sie wirft aber auch ein Schlaglicht auf den Menschen Paul Biber.

„Unser Vater lebte für seinen Beruf, er hätte nicht sein können ohne ihn“, erinnert sich der 79-jährige Sohn Rolf beim gemeinsamen Ausstellungsbesuch von drei der insgesamt vier Kinder Paul Bibers. „Sogar am Wochenende mussten wir ihn aus der Schule holen, damit er überhaupt mal zu Hause war“, so der Sohn mit einem Schmunzeln. Auch für seine Kinder ist Paul Biber stets Lehrer, erzieht sie zu logischem Denken. Rolf Biber folgt in die Fußstapfen seines Vaters und wird ebenfalls Feinmechaniker in Glashütte. Fünf Jahre lang schlägt er sich nach der Arbeit abends durchs Ingenieursstudium – doch das erlebt der Vater schon nicht mehr.

Als Ausbilder versucht der gestrenge, aber auch menschliche Lehrer Paul Biber, vor allem das Gute und Richtige zu sehen, weniger die Fehler. Neben guten Leistungen ist ihm besonders der Klassenzusammenhalt wichtig. Von seinen Kindern, aber auch ehemaligen Schülern stammt ein Großteil der Sammlung an Dokumenten, Bildern und Nachlässen, die das Museum in der Ausstellung vereint. Rund 20 Archivmeter lagern zusätzlich in Glashütte. Um gerade die Erinnerungen der früheren Schüler an ihren Lehrer Paul Biber nochmals aufleben zu lassen, plant das Museum für die zweite Septemberhälfte ein Ehemaligentreffen in Glashütte.

Allen anderen bleibt bis 20. November der Ausstellungsbesuch im Foyer des Uhrenmuseums. Geöffnet ist täglich von 10 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.