Merken

Der Retter der Schrebergärten

Karamba Diaby ist ein Beispiel dafür, dass ein Abgeordneter witzig und ehrlich sein kann. Das bewies er in Börtewitz.

Teilen
Folgen
© André Braun

Von Sylvia Jentzsch

Leisnig. Zwar hatte der SPD-Bundestagsabgeordnete Karamba Diaby sein Buch dabei, aber daraus vorgelesen hat er wenig. Trotzdem oder gerade deshalb erlebten die Gäste des Börtewitzer Lesefestes einen unterhaltsamen sowie beeindruckenden Abend, bei dem viel gelacht, aber auch über ernste Themen gesprochen wurde. Durch den Abend führte die Autorin Sylvia Eggert. Sie war einmal die Deutsch-Lehrerin von Karamba Diaby. 1985 kam er aus dem Senegal, um in der DDR zu studieren. Doch bevor er damit beginnen konnte, lernte er, der bis dahin nur die beiden Wörter Bundesliga und BMW kannte, erste einmal neun Monate lang die deutsche Sprache.

Steiniger Weg bis zum Studium

Packend erzählte Karamba Diaby von seinem großen Vorbild, seinem Schwager, der zwar Analphabet, aber sehr lebenserfahren war. Die Weisheiten, die ihm der Schwager mit auf dem Weg gab, gelten für den Bundestagspolitiker noch heute und haben sein Leben wesentlich bestimmt. Weil seine Mutter starb, als er drei Jahre war, nahm ihn seine ältere Schwester in ihre Familie auf und zog ihn wie den eigenen Sohn groß. „Ihr und ihrem Mann verdanke ich sehr viel“, so Diaby. Er besuchte die Grundschule bis zur 6. Klasse im Heimatort. Schon dort galt für ihn: „Nichts kommt von allein. Wenn du etwas werden willst, musst du etwas machen.“ Und das tat er. Er besuchte die 16 Kilometer entfernte Schule, um den Abschluss der 10. Klasse zu erreichen. „Ich brauchte dort eine Unterkunft. Täglich war der Weg nicht zu absolvieren. Ich erhielt bei einem Bekannten meines Schwagers eine Unterkunft, ohne bezahlen zu müssen“, erzählte Karamba Diaby. Um das Abitur abzulegen, musste er in die Hauptstadt. Auch hier waren es entfernte Verwandte, die ihm halfen – nur aufgrund eines Briefes mit der Bitte um Aufnahme, den der Schwager verfasste. Anschließend begann Diaby mit dem Studium und erhielt einen Auslandsstudienplatz in der DDR. „Das war eher Zufall. Ich hatte Bulgarien, die Tschechoslowakei und eben die DDR angekreuzt. Die Sprache musste ich in jedem Fall lernen, also war es mir egal“, erzählte der heutige Bundestagsabgeordnete.

Im Paradies angekommen

Um nach Berlin zu kommen, musste er ebenfalls wieder auf die Hilfe von weitläufigen Bekannten zurückgreifen. Und dann glaubte er, im Paradies zu sein. „In Berlin bekam ich die Fahrkarte nach Leipzig und sogar für die Straßenbahn bis zum Internat. Dort erwartete mich der Hausmeister und hielt geschmierte Schnittchen für mich bereit. Ich war begeistert“, so Diaby. Ab dem nächsten Tag habe er sich selbst kümmern müssen.

Diaby studierte von 1986 bis 1991 Chemie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Dort lernte er auch seine spätere Ehefrau Ute beim Studentensommer kennen. Nach seinem Studienabschluss als Diplom-Chemiker schloss er von 1992 bis 1996 ein Promotionsstudium an. 1996 reichte er seine Dissertation „Untersuchungen zum Schwermetall- und Nährstoffhaushalt in Halleschen Kleingartenanlagen – ein Beitrag zur geoökologischen Charakteristik der Stadtregion Halle“ ein. Für diese Arbeit war er sehr häufig in den verschiedenen Kleingartensparten der Stadt Halle unterwegs und kam mit den Leuten ins Gespräch. Die verrieten ihm nicht nur, wie gesät und gepflanzt wird, sondern auch ihre Sorgen und Nöte der Nachwendezeit. Karamba Diaby war und ist ein guter Zuhörer. Mit seiner Arbeit bewies er, dass die Böden der Kleingärten nicht so stark belastet waren, sondern die Belastung eher aus der Luft kommt.

Es gab also keinen Grund, die Kleingärten platt zu machen. Obwohl er viele Angebote von den Sparten bekam, selbst einen Kleingarten zu übernehmen, hat er bis heute keinen.

Diese und viele andere interessante Geschichten erfuhren die Gäste in Börtewitz. Organisiert hatte den Abend der Friedrich- Bödecker-Kreis in Sachsen. Die Episoden aus dem Leben von Diaby sind auch in seinem Buch „Mit Karamba in den Bundestag – Mein Weg vom Senegal ins deutsche Parlament“ nachzulesen. Auch wie es zu diesem Buch kam, ist eine weitere Geschichte, die der sympathische Mann aus Halle spannend erzählte. Auch auf die Fragen der Gäste gab er umfassende Antworten.