Kamenz
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Der Retter des Hutbergblickes

Weil die Bank am Markweg zerstört war, sammelt der Kamenzer Norbert Schnabel Geld zum Geburtstag.

Von Ina Förster
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Norbert Christian Schnabel (65) sitzt mehrfach in der Woche auf der neuen Bank am Markweg nach Lückersdorf. Er hofft sehr, dass recht viele Besucher des Hutberges sich noch viele Jahre an dieser herrlichen Aussicht erfreuen können.
Norbert Christian Schnabel (65) sitzt mehrfach in der Woche auf der neuen Bank am Markweg nach Lückersdorf. Er hofft sehr, dass recht viele Besucher des Hutberges sich noch viele Jahre an dieser herrlichen Aussicht erfreuen können. © MS_2018_copyright

Kamenz. Der Herbst ist da. Und die Menschen zieht es nach wie vor nach draußen, auch wenn die Tage kürzer werden. Und frischer. Wenn möglich, ist man immer noch an schönen Stellen unterwegs, wo es sich aushalten lässt. Die SZ möchte weiterhin Lieblingsplätze ihrer Leser vorstellen und die können vielfältig sein. Egal ob Gaststätte, Aussichtspunkt oder romantische Bank, ob Teich, Spazierweg, Spielplatz oder ruhiger Park, belebter Markt oder Waldweg – wir suchen die besten Tipps. Und stellen sie vor. Am besten in Verbindung mit den Geschichten unserer Leser.

Auch Norbert Schnabel hat etwas zu erzählen. Und seine Geschichte ist obendrein ein wunderbares Beispiel von uneigennützigem Tun und Heimatliebe. Als der Kamenzer wieder einmal auf einer seiner zahlreichen Spaziertouren war, fiel ihm auf, dass die alte Holzbank auf dem Weg von Lückersdorf bergauf endgültig den Geist aufgegeben hatte. Das war im April, kurz nach Ostern. „Wohlgemerkt, wahrscheinlich durch rohe Gewalt. Auch wenn das Holz ohnehin ziemlich morsch geworden war über die Jahre. Die Sitzlatten waren völlig deformiert. Hier hatte einer seine Kraft ausgelassen“, erzählt er. Für den rührigen Kamenzer stand schnell fest: Da muss etwas Stabiles her! Er machte Fotos und ging damit ins Rathaus. Nicht, um sich dort über die Randale zu beschweren, sondern um gleich einen konstruktiven Plan nachzuschieben. „Ich mag es einfach nicht, wenn die Leute immer nur meckern und warten, dass andere Probleme beseitigen“, sagt er. Außerdem stand sein 65. Geburtstag vor der Tür. „Und Menschen in meinem Alter haben alles. So habe ich mir Geld für eine neue Bank gewünscht“, erklärt er verschmitzt. Bei der Stadtverwaltung ließ er sich Angebote machen, was denn so ein Bänkchen kosten würde. Von 500 bis 1500 Euro reichte die Spanne. Am Ende kam genügend Geld für eine wunderbare Bank aus recyceltem Kunststoff im mittleren Bereich zusammen. Die Firma von Uwe Herwehe verankerte sie fest in der Erde – auch dies als Geburtstagsgeschenk. Der Markweg nach Lückersdorf ist einer der schönsten Aussichtsstellen ins Lausitzer Bergland. Nun hatte er ein nützliches Utensil mehr.

Kamenz blieb die Heimat

Norbert Schnabel ist übrigens eine echte Kamenzer Nase. Auch wenn er in Thüringen geboren wurde, zogen seine Eltern 1959 in die Lessingstadt. Da war er fünf. Sie folgten dem Ruf der hiesigen Gastronomie und Vater Friedhelm Schnabel wurde Leiter des Goldenen Sterns und später der Hutberg-Gaststätte. Alles im Auftrag der HO. „Wir haben von 1966 bis 1976 oben unterm Dach gewohnt“, erinnert sich der heute 65-Jährige. Später lernte er selber in der Gastronomie, wurde anschließend Betriebswirt und studierte in den frühen achtziger Jahren Jura an der Humboldt-Universität. Seit 1983 führte er die Vertriebsgeschäfte der HO im Kreis Kamenz. Und wickelte diese und sich selbst 1991 nach der politischen Wende mit ab. Danach musste noch einmal umgedacht werden, warteten neue Herausforderungen auf ihn und die Familie. Auch wenn er zwischendurch ein paar Jahre in Thüringen arbeiten musste – Kamenz blieb bevorzugte Heimat.

Der Hutberg hat Norbert Schnabel geprägt. Nachhaltig. Auch heute wandert er mehrmals die Woche über seinen Hausberg, an dessen Fuß er noch immer lebt. „Ich brauche das als Ausgleich zur Arbeit“, sagt. Sein Job als Rechtsanwalt und Gutachter für Grundstücksangelegenheit bei Gericht fordert ihn. Da ist so ein Päuschen ein Segen. „Hier bekommt man seinen Weitblick wieder“, sagt er . Der rührige Senior ist übrigens seit kurzem auch als Stadtführer für Kamenz unterwegs.