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Der Schandfleck

Der Nachbar der verwahrlosten Görnischen Gasse 32 befürchtet, dass von dort Hausschwamm in sein Haus wächst.

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© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Meißen. Augenfälliger könnte der Unterschied nicht sein: Hier ein Haus mit Gerüst, auf dem sich Bauarbeiter Schutteimer zureichen und deren Inhalt über ein Rohr in einen Container rutschen lassen. Daneben ein Haus, aus dessen Fassade Kraut sprießt, mit blinden Fensterscheiben und einem alten Antennenmasten, der wie ein Spieß in den Himmel ragt und aussieht, als würde er jeden Moment auf die Straße herunterrauschen.

Das ist das Haus Görnische Gasse 32. Das, an dem gearbeitet wird, trägt die Hausnummer 33. Dessen Besitzer, Walter Hannot, hat jetzt Post vom Meißener Polizeirevier in Sachen Nummer 32 bekommen.. Er soll eine schriftliche Zeugenerklärung in einem Ermittlungsverfahren gegen den Autor dieses Artikels abgeben. Denn dieser machte bereits im SZ-Artikel „Fallende Dachziegel“ vom 25. Februar diesen Jahres auf die baulichen Missstände an Nummer 32 aufmerksam.

Er berichtete darin, wie das Wohnhaus, ein Kulturdenkmal, verfallen gelassen wird und dass außerdem noch ein großes Loch ins Dach gemacht worden sei, sodass Regen und Schnee das Gebäude durchnässt hätten. Emil Eder aus Bruckmühl bei München ist der ursprüngliche Eigentümer des Wohnhauses Nummer 32. Obwohl er dieses schon vor einiger Zeit an seine Tochter überschrieben hatte, erweckte er den Eindruck, weiterhin für dessen maroden Zustand Verantwortung übernehmen zu wollen. Er störte sich an einigen angeblichen Falschbehauptungen in dem Artikel und erstattete Strafanzeige gegen den Autor.

Was Walter Hannot betrifft, so hat er andere Sorgen, als sich mit irgendwelchen Zeugenerklärungen herumzuschlagen. Was damit gemeint ist, sieht man etwa im ersten Stock seines Hauses in der Görnischen Gasse 33. Hier ist der Putz von den Wänden abgeschlagen, und es finden sich im Abstand von etwa 30 Zentimetern kleine runde Plastikstutzen ins Mauerwerk eingelassen. Hier wird später ein Mittel hineingepresst. Es soll verhindern, dass sich der Hausschwamm, der sich an 15 Stellen im Gebäude befunden hat, wiederkehrt.

„Es kostet viel Geld, das befallene Holz zu entsorgen, Schwammsperren und so weiter vorzunehmen.“ Das ist aber noch nicht alles: „Der Hausschwamm befällt nicht nur die Holzteile in einem Gebäude, er wächst auch buchstäblich durch Mauern hindurch, weshalb er auch als Mauerschwamm bezeichnet wird.“ Nun befürchtet Walter Hannot, dass vom Nachbarhaus, der Nummer 32, der gefährliche Pilz in sein Haus eindringt. „Beim Abbruch des Hinterhauses der 32 war Holz dabei, das Schwammbefall nahe legte. Ohne Untersuchung kann das aber keiner genau sagen.“ erklärt er.

Auf die Frage, was die Stadt im Falle der Görnischen Gasse 32 tun kann, erklärt Sprecherin Katharina Reso: „Regelmäßige Begehungen oder Kontrollen zur Feststellung von Hausschwamm in Privathäusern sind durch die Bauordnung nicht vorgesehen.“ Allerdings habe der Eigentümer einen Befall durch Hausschwamm unverzüglich durch ein Fachunternehmen bekämpfen und beseitigen zu lassen und den Abschluss der Arbeiten schriftlich anzuzeigen. „Eine solche Anzeige liegt nicht vor“, so die Sprecherin.

Walter Hannot: „In Sachsen gibt es eine Meldepflicht für Echten Hausschwamm. Wer nicht meldet, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Wenn im Nachbarhaus Stadt und Besitzer gemeinschaftlich wegschauen sollten, wird dort natürlich nie ein Schwamm gemeldet. Denn es stellt ihn ja niemand fest.“ Auf die Frage, was denn nun mit dem Haus Görnische Gasse 32 werden soll, hatte Emil Eder in der SZ im Februar erklärt: „Das soll saniert werden, noch 2017“ – bislang nichts als Worte.