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Der Schrauberlehrling

Ein junger Brandenburger fuhr jahrelang mit dem Moped ins Rohrwerk. Er ist ein Glücksfall für Mannesmann.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Zeithain. Alexander Stößer hört man schon von Weitem. Die Schraubendreher und -schlüssel, die er immer in der Tasche seiner Arbeitshose mit sich trägt, schlagen beim Gehen leicht aneinander. Der 19-Jährige ist gerade auf dem Weg zum Leitstand der Medienversorgung am Rande des Geländes der Mannesmannröhren-Werk GmbH Zeithain. Seit wenigen Wochen ist dort sein fester Arbeitsplatz – zwischen einer Handvoll Monitoren, Aquarium und Ficus. Wasser, Gas und Druckluft für das gesamte Werk werden von dem Raum aus überwacht. 24 Stunden am Tag. Sieben Tage die Woche. „Die Öfen sind ja eigentlich immer an“, erklärt Alexander Stößer, der selbst gerade Frühschicht hat. Doch im Leitstand hält er sich nicht wirklich oft auf. „Eigentlich bin ich die meiste Zeit in den Anlagen unterwegs“, sagt er. Und genau das sei auch das Tolle an seinem Job bei Mannesmann: Es gibt ein Problem, wofür eine Lösung gesucht und umgesetzt werden muss. „Es ist sehr abwechslungsreich. Jeden Tag dasselbe machen, wäre nichts für mich“, sagt der Jungfacharbeiter aus Oschätzchen bei Bad Liebenwerda.

Vor dreieinhalb Jahren hat er sich für eine Ausbildung in Zeithain als Industriemechaniker mit der Fachrichtung Instandhaltung beworben. Weil er schon früh und gern an seinem Moped schraubt und ihn auch der Beruf des Opas als Schmied geprägt hat. Kontakt zu Mannesmann hat der damalige Oberschüler zwar nicht, doch ein Hinweis durch Bekannte genügt, um eine Bewerbung nach Zeithain abzuschicken, Aufnahmetest und Bewerbungsgespräch zu durchlaufen – und schließlich den Ausbildungsvertrag zu unterschreiben. Ein Glücksfall, findet Alexander Stößer.

„Mir war besonders wichtig, dass es später gute Übernahme-Chancen gibt.“ Doch auch das Arbeitsklima und der Lohn mussten für ihn stimmen. Mannesmann zahlt nach Tarif, im letzten Ausbildungsjahr verdient ein Azubi schon um die 1 000 Euro. Und auch der Urlaubsanspruch und die Möglichkeit für Weiterbildungen sind groß. Die Entfernung zu seinem Heimatort wird da zur Nebensache: Schon als 16-Jähriger schwingt sich Alexander Stößer jeden Tag auf seine 125er – hochmotiviert, egal, ob es regnet oder schneit. Und das sei auch ein Glücksfall für Mannesmann.

Denn die Nachwuchssuche ist schwierig geworden, sagt Geschäftsführer Frank Lippert. Die Bewerberzahlen sind in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen, und in der näheren Umgebung buhlen noch andere große Betriebe um den Nachwuchs. Ziel von Mannesmann sei es, jährlich etwa zehn Auszubildende einzustellen, das entspräche dem eigenen Bedarf. Für den Ausbildungsbeginn 2018 seien bereits acht Verträge unterschrieben, ein Elektroniker sowie ein Verfahrentechnologe fehlten noch – erst vor wenigen Tagen fand ein weiterer Einstellungstest mit mehreren Bewerbern statt. Insgesamt arbeiten in dem Mannesmannröhren-Werk etwa 400 Arbeiter und Angestellte an der Herstellung von nahtlosen Rohren unter anderem für die Automobilindustrie. Und Alexander Stößer ist nun einer von ihnen.

Seit einem Monat hat er seinen Abschluss in der Tasche und ist nun als Mitarbeiter im Bereich Medien auch im Schichtdienst unterwegs. „Da habe ich mich aber schnell dran gewöhnt“, sagt der 19-Jährige, der mittlerweile auch das lange Ausschlafen nach der Nachtschicht oder einen freien Tag in der Woche genießt. Und auch für sein zweites Hobby – die freiwillige Feuerwehr – bleibe genügend Zeit. Bei wichtigen Einsätzen oder Lehrgängen werde er dafür sogar vom Betrieb freigestellt.

Doch auch für Mannesmann muss er in den kommenden Monaten noch oft die Schulbank drücken. Für den jungen Facharbeiter stehen zahlreiche Lehrgänge an, um irgendwann auch allein die Verantwortung für den Leitstand übernehmen zu können. Über weitere Karrierepläne macht sich Alexander Stößer deshalb noch keine Gedanken. Klar ist für ihn bislang nur, dass seine berufliche Zukunft im Zeithainer Rohrwerk liegt.