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Der Mitglieder-Schwund ist hausgemacht

Gewerkschaften haben es in Sachsen besonders schwer - doch ihnen fehlen auch Antworten auf neue Fragen, kommentiert Michael Rothe.

Von Michael Rothe
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Die Gewerkschaften sind selbst schuld am Mitgliederschwund, auch wenn der zuletzt abgebremst werden konnte, kommentiert SZ-Wirtschaftsredakteur Michael Rothe.
Die Gewerkschaften sind selbst schuld am Mitgliederschwund, auch wenn der zuletzt abgebremst werden konnte, kommentiert SZ-Wirtschaftsredakteur Michael Rothe. © Jonas Klüter/dpa

Gemeinsam sind wir stark – das war einmal. Damals in den 1950ern, als noch mehr als jeder dritte Bundesdeutsche in einer Gewerkschaft war. In der DDR zahlten zwar fast alle Berufstätigen FDGB-Beträge, doch die wenigsten wussten, wofür. Heute ist in Sachsen kaum jeder Siebte Mitglied – auch wenn der Negativsaldo 2019 halbiert werden konnte.

Der personelle Aderlass kommt nicht von ungefähr. Der Strukturwandel macht es nicht nur schwerer, sich zu organisieren. Neue Fragen zur Arbeit brauchen andere Antworten. Gewerkschaften sind in Großbetrieben stark, in Sachsens kleinteiliger Wirtschaft tun sie sich schwer. Bei Dienstleistungen und im Handwerk haben sie kaum einen Fuß in der Tür.

Gewerkschaften haben viel erkämpft

Doch der Schwund ist zuerst hausgemacht. Gewerkschaften haben es lange verpennt, sich für Frauen, Teilzeitkräfte, Arbeitslose, Jugendliche interessant zu machen. Grabenkämpfe zwischen den DGB-Einheits-, christlichen und Spartengewerkschaften schwächen die Verhandlungsmacht und stellen das hohe Gut der Solidarität infrage. Hinzu kommen die allgemeine Vertrauenserosion gegenüber Großorganisationen und die analoge Schwäche ihres Partners, der Arbeitgeber.

Dabei haben Gewerkschaften viel erkämpft: Acht-Stunden-Tag, Fünf-Tage-Woche, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Mitbestimmung, ... Aber Erfolg muss verkauft werden, Klappern gehört nicht nur bei Arbeitgebern zum Geschäft. Immerhin: Mehr junge Beschäftigte erkennen, dass man gemeinsam stark sein kann.

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