Von Jürgen Schwarz
Es war im Januar 2008. In Riesa ging die Endrunde des SZ-Rastellis-Wettbewerbs über die Bühne. Katharina Zippack hatte sich im Lausitzer Regionalausscheid mit 675 Ballberührungen durchgesetzt. Beim Finale landete die damals 16-Jährige dann auf dem zweiten Platz. Das größte Lob kam von Dynamo-Legende Klaus Sammer. „Er sagte zu mir: Sie haben zwar nicht gewonnen, dafür aber am schönsten jongliert”, erzählt Katharina. Inzwischen ist sie 21 und spielt mit ihrer Schwester Christiane (24) beim SV Johannstadt, dem Spitzenreiter der Frauen-Landesliga.
Die beiden Schwestern zählen zu den Leistungsträgern, aber Trainerin Anja Kiesling kennt die Unterschiede: „Christiane ist auf dem Feld die impulsivere, ähnlich wie es Matthias Sammer in seiner aktiven Zeit war. Katharina ist ruhig, was ihr bei den Abschlusshandlungen zugutekommt. Von der Athletik her sind beide gleich.” Während Christiane Zippack schon seit der Saison 2008/09 für Johannstadt spielt, wechselte ihre Schwester erst Anfang des Jahres vom Hoyerswerdaer SV 1919 nach Dresden – und feierte einen Traumeinstand. In ihrem zweiten Punktspiel schoss sie vier Tore, „genauso viele wie in der Hinrunde für Hoyerswerda”.
Angefangen hat alles in Bluno, einem Dorf mit etwa 500 Einwohnern. „Dort sind wir groß geworden. Unser Vater war Nachwuchstrainer, meine Mutter stand früher im Tor”, erzählt Christiane, die als Teenager glühender Dortmund-Fan war. „Bis zur C-Jugend durften wir bei den Jungs mitspielen, danach ging das nicht mehr. Deshalb haben wir uns in Hoyerswerda angemeldet. Da wurde 2004/05 eine Mädchenmannschaft gegründet und ein DFB-Stützpunkt eingerichtet.” Mit jeweils 16 feierten die Schwestern ihr Debüt in der ersten Frauen-Mannschaft, „sodass wir 2007 wieder gemeinsam in einer Elf standen, obwohl Katharina drei Jahre jünger ist”. Christiane studierte zu dieser Zeit bereits in Dresden und trainierte beim SV Johannstadt. „Freitags bin ich nach Hause gefahren und habe am Wochenende für Hoyerswerda gespielt.”
Bei Katharina war es etwas anders: „Ich war zwar an der Berufsakademie in Dresden, habe den praktischen Teil aber bei der Volksbank in Hoyerswerda absolviert. Jetzt studiere ich an der TU Bergakademie in Freiberg Betriebswirtschaftslehre, wohne in Dresden, und daher war der Wechsel Anfang des Jahres logisch.”
Christiane, die ein Masterstudium „Höheres Lehramt an Gymnasien” an der TU Dresden belegt, nahm sich 2010/11 eine Auszeit. „Ich war für ein Jahr in Südafrika. Leider kam ich erst wenige Wochen nach der WM in Pretoria an. Spielen konnte ich dort auch, aber aufgrund der Höhe und der zeitweise extrem hohen Temperaturen habe ich knapp ein halbes Jahr zur Eingewöhnung gebraucht.“ Bei „Ama Tuks – University of Pretoria Footballclub” kam sie sogar auf einige Erstliga-Einsätze. „Das Niveau in der höchsten Spielklasse liegt über dem unserer Landesliga. Den Vergleich zur Regionalliga kann ich nicht anstellen”, sagt sie, und ergänzt schmunzelnd: „Noch nicht.”
Das Jahr in Südafrika will Christian Zippack nicht missen. „Im Gegenteil, es ist viel zu schnell vergangen.” Den Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung absolvierte sie an einer Townshipschule. „Eine Art Grundschule, die aber maßlos überfüllt war. Ich half in der Verwaltung mit, habe Geografie- und Computerunterricht in englischer Sprache gegeben”, erzählt sie. „Wir konnten uns voll entfalten, haben an der Schule auch eine Fußball-AG gegründet und eine Mädchenmannschaft aufgebaut.”
Nach Deutschland flog sie in dieser Zeit nicht. „Ich hatte kurz überlegt, weil ja 2011 die Frauen-WM war und auch in Dresden gespielt wurde. Aber ich wollte das eine Jahr in Südafrika voll auskosten.” So verpasste sie auch den Abiball ihres Bruders Thomas (20), der heute noch beim LSV Bluno spielt. Immerhin kam Mutter Ute zu Besuch, während ihr Mann Hartmut schweren Herzens aufgrund seiner Flugangst verzichten musste. Sicher wäre er mit Christiane auch ins Stadion gegangen, um sich ein Spiel der höchsten Männerliga anzuschauen. „Die WM war dort noch allgegenwärtig. Selbst unsere Lehrer kamen noch in WM-Trikots zur Arbeit.” Die Zuschauerzahlen schwanken heute zwischen 500 Besuchern und 80 000 Zuschauern, so wie beim Punktspiel der Kaizer Chiefs aus Johannesburg im Soweto-Derby gegen die Orlando Pirates in Soccer City, dem größten Stadion Südafrikas. „Dieses Spiel elektrisiert, ähnlich wie Bayern gegen Dortmund. Problematisch ist es dagegen in Port Elizabeth oder Nelspruit, die zwar ein WM-Stadion haben, aber keinen Fußballklub.”
In Dresden steht nun wieder das Studium im Vordergrund. „Fußball ist für uns reine Freizeitbeschäftigung. Es gibt kein Geld, aber man steckt viel Zeit und Energie rein. Das würde sich in der Regionalliga grundsätzlich auch nicht ändern”, weiß Christiane. „Unser sportliches Ziel ist es trotzdem, Landesmeister zu werden. Ob wir wirklich in die Regionalliga gehen würden, muss man abwarten. Schließlich wäre der Aufstieg auch mit finanziellen Aufwendungen für den Verein verbunden.”