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Der späte Champion

Erfolg ist für den 21-maligen Sachsenmeister Harald Herberg nicht das Wichtigste, dennoch krönte er sich wieder zum Masters-Weltmeister.

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© ronaldbonss.com

Von Timotheus Eimert

Die Erfolgsliste von Harald Herberg ist lang: 21-mal Sachsenmeister, 20-mal deutscher Meister, neunmal Europameister, achtmal Weltmeister und zweimal Olympiasieger. Der 63-jährige Gewichtheber hat in seiner Altersklasse alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt.

Erst vor gut einer Woche brachte Herberg von den Masters-Weltmeisterschaften im spanischen L’Hospitalet de Llobregat bei Barcelona die nächste Goldmedaille mit. 78 Kilo im Reißen und 100 im Stoßen reichten für den Platz ganz oben auf dem Treppchen. „Es ist jedes Mal wieder besonders, überhaupt teilnehmen zu dürfen und dann noch zu gewinnen und die Nationalhymne zu hören. Da weiß man, warum sich die ganze Schinderei lohnt. Das ist schon geil“, erzählt Herberg.

Der schönste Erfolg ist und bleibt aber der erste Masters-Weltmeistertitel 1999 im schottischen Glasgow. „Da kommen heute noch die Haare zum Stehen, wenn ich daran denke – ein unbeschreibliches Gefühl. Damals kullerten bei mir auch die Freudentränen“, erinnert er sich noch ganz genau.

Seit 1995 startet Herberg bei den internationalen Masters-Wettkämpfen, bei denen man erst ab 35 Jahren antreten darf, und es dann in Fünf-Jahres-Schritten unterschiedliche Altersklassen gibt. Herberg geht mit seinen 63 Jahren in der Wettkampfklasse von 60 bis 65 an den Start. Das Wichtigste ist aber nicht der Erfolg. „Es muss Spaß machen. Wenn ich verloren habe, dann hatte ich trotzdem Freude. Die Leistung meiner Kontrahenten anzuerkennen, fällt mir nicht schwer“, erklärt Herberg. Und weil es ihm noch so viel Spaß macht, trainiert er dreimal die Woche. „Es hält mich jung und fit. Aber eigentlich ist nur wichtig, dass man überhaupt Sport macht. Gar kein Sport ist Mist.“

Aber warum tut sich der Pensionär diese Schinderei eigentlich noch an? „Ganz einfach: Für mich ist das keine Qual, sondern eine Sucht. Ohne Gewichtheben könnte ich nicht leben“, antwortet Herberg: „Es ist eine Ganzkörpersportart. Man muss schnell und koordinativ sein und das Ganze auch noch mit Kraft verbinden. Gewichtheber sind damit richtig gute Athleten und nicht nur die großen Männer mit dem dicken Bauch.“

Mit zwölf Jahren ist Herberg zum Gewichtheben gekommen. „Mein Vater hat damals zu mir gesagt, dass er mich Wildfang irgendwo unterbringen muss. Und da bin halt zum Gewichtheben gegangen.“

West-Verwandtschaft als Hindernis

Eine Profikarriere durfte der Zittauer zu DDR-Zeiten aber nicht machen. „Ich hatte Verwandtschaft in West-Berlin, Meine Tante und mein Onkel haben dort gewohnt.“ Auch deswegen empfindet der Wahl-Dresdner heute späte Genugtuung: „Das kann man schon sagen. Ich habe aber trotzdem meinen Weg gemacht.“

Treu geblieben ist er seiner Sportart auf jeden Fall und mittlerweile leitet er sogar die Gewichtheberabteilung des Dresdner SC. „Ich wollte das eigentlich gar nicht und wurde etwas in das Amt gedrängt. Heute bin ich froh und dankbar, dass ich mich im Verein einbringen darf und kann. “ Und das tut er mit großer Begeisterung. Besonders am Herzen liegt ihm dabei die Kinder- und Jugendarbeit: „Unsere Hauptaufgabe ist der Nachwuchs. Das ist unsere Zukunft.“ Die Sporthalle an der Magdeburger Straße bezeichnet er deswegen als „Goldzahn“. „Damit hat der DSC qualitativ und quantitativ einen Sprung gemacht. Wir Gewichtheber haben davon nur profitiert“, erklärt Herberg, der sehr viel Herzblut in seine ehrenamtliche Tätigkeit steckt. Ohne seine Frau wäre dies alles nicht möglich, sagt er.

„Ich habe eine sportlich sehr interessierte Frau. Sie ist auch mein größter Sponsor, wenn es zu den Wettkämpfen geht“, schwärmt er. Die Reisen zu den Welt- und Europameisterschaften muss Herberg alle aus der eigenen Tasche bezahlen. „Unsere Familienurlaubsplanung richtet sich mittlerweile nach den Wettkämpfen aus. “

So wollen die Herbergs nächstes Jahr nach Kanada in den Urlaub fliegen, denn in Montreal findet die nächste Masters-WM statt. „Darauf sparen wir derzeit“, sagt er. Vielleicht wird seine Erfolgsliste dann noch etwas länger, mit Titel Nummer neun.