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„Der Stellenabbau ist gestoppt“

Polizeipräsident Conny Stiehl über mehr Personal, erfolgreiche Fahnder und den 14. September in Bautzen.

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© Pawel Sosnowski

Landkreis Bautzen. Auf die Polizei hagelt es 2016 Kritik: Die Einsatzpolizisten reagieren – wie auf dem Bautzener Kornmarkt – zu spät oder nicht angemessen, die Streifenbeamten sind auf der Straße zu wenig präsent, die Verkehrspolizei kontrolliert nicht ausreichend, die Ermittler klären nicht genug auf. Der Leiter der Görlitzer Polizeidirektion, Conny Stiehl, will das so nicht stehenlassen. Er habe eine ganz andere Erfahrung gemacht, sagt er im Gespräch mit der SZ.

Herr Polizeipräsident, können Sie es nachvollziehen, dass die Leute in der Region mit der Arbeit der Polizei eher unzufrieden sind?

Unzufrieden? Wer sagt so etwas? Ich habe ganz im Gegenteil sehr viel Zuspruch aus der Bevölkerung erfahren. Die überwiegende Mehrheit honoriert es, wie wir als Polizei hier agieren, vor allem auch bei den Auseinandersetzungen auf dem Kornmarkt, wo wir deutlich gesagt haben: Eine Straftat ist eine Straftat, egal ob aus rechts- oder linksorientierten Beweggründen, ob von einem Asylsuchenden oder einem Einheimischen.

Aber gerade bei den Ereignissen auf dem Kornmarkt hat es doch Kritik gehagelt, Ihre Beamten hätten nicht angemessen reagiert.

Natürlich bin ich auf diesen 14. September nicht stolz. Bis heute ist das bei uns Thema, und wir fragen uns, ob wir es hätten verhindern können, dass die Auseinandersetzungen derart eskaliert sind, ob wir die Lage damals falsch eingeschätzt haben. Wir haben aber die richtigen Konsequenzen gezogen: Wir haben die Lage mit großem personellen Aufwand befriedigt. Und Bautzen bleibt der Schwerpunkt unserer Arbeit. Die Situation hier ist nach wie vor eine andere als im Landkreis Görlitz. Dort haben wir die Probleme im Zusammenhang mit Asylsuchenden nicht in dieser Größenordnung.

Mehr Personal in Bautzen – geht das nicht zulasten anderer Aufgaben, gerade auch in der Grenzregion?

Nein, auf keinen Fall. Wir haben da auch ganz klare Prioritäten. An erster Stelle steht neben Bautzen die Bekämpfung der Grenzkriminalität. Und da sind wir, das kann ich hier schon mal sagen, in diesem Jahr einen großen Schritt vorangekommen. Wir werden zum ersten Mal mehr als 60 Prozent der Fälle aufklären. Das ist eine sehr hohe Quote. Und auch wenn das in der subjektiven Wahrnehmung vielleicht ganz anders aussieht: Wir werden in der Statistik 2016 auch einen deutlichen Rückgang in der Eigentumskriminalität haben, auch bei den Kfz-Diebstählen. Wir haben noch nie so viele Täter auf frischer Tat gestellt. Unsere Fahndungsgruppen arbeiten da wirklich sehr erfolgreich.

Ein großer Teil der Täter kommt aus Polen, Tschechien und Osteuropa. Wir gut ist die Zusammenarbeit mit den Polizeidienststellen in den Nachbarländern?

Die ist sehr gut. Und das ist auch eine unserer großen Stärken. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen in Polen und Tschechien läuft auf allerhöchstem Niveau. Ich denke da nur an die Gemeinsame Fahndungsgruppe Neiße, in der deutsche und polnische Beamte zusammenarbeiten. Das ist Teil des deutlich gestiegenen Ermittlungs- und Aufklärungserfolgs.

Wie sieht die Personalsituation in Ihren Dienststellen aus? Es heißt, es gibt zu wenige Polizisten und die, die da sind, sind überlastet, Altersdurchschnitt und Krankenstand sind hoch.

Natürlich würde ich lügen, wenn ich sagen würde, wir hätten keine Personalsorgen. Der Altersdurchschnitt liegt bei uns in den Dienststellen bei fast 50 Jahren. Dementsprechend hoch ist auch der Krankenstand. Im Durchschnitt fehlt jeder zehnte Kollege aus Krankheitsgründen. Aber die Personalsituation wird sich schon in Kürze sehr stark verbessern.

Die PD bekommt mehr Personal?

Ja, der Stellenabbau ist definitiv gestoppt. Es gelingt uns bereits, die Altersabgänge zu kompensieren und dafür auch Nachwuchs aus der Region zu gewinnen. Wir werden im Frühjahr 20 junge Absolventen der Laufbahn zum mittleren Dienst einsetzen, im Herbst dann noch einmal 30 Kollegen, die ihre Ausbildung an der Polizeihochschule in Rothenburg absolviert haben. Das sind weit mehr als in dieser Zeit aus Altersgründen ausscheiden.

2017 sollen ja auch die ersten Wachpolizisten ihren Dienst im Bereich der PD Görlitz antreten.

Das ist richtig. Insgesamt werden wir im Laufe des Jahres 60 Wachpolizisten in den Dienst stellen. Die ersten 20 beginnen im Februar. Wir werden sie ausschließlich im Landkreis Bautzen einsetzen, unserem derzeit größten Schwerpunkt. Über den Einsatz der nachfolgenden Kollegen werden wir je nach Lage entscheiden. Wichtig ist es mir, dass die neuen Kollegen alle hier aus der Region kommen und sich für einen Einsatz in der Region beworben haben.

Sie haben gerade wieder den Schwerpunkt Bautzen angesprochen. Wie weit sind eigentlich die Ermittlungen gegen die Straftäter vom Kornmarkt?

Sehr weit. Wir wissen jetzt weitgehend, was genau passiert ist. Wir werden noch im ersten Quartal 2017 den Großteil der Ermittlungen zum Abschluss bringen.

Gerade im Zusammenhang mit straffällig gewordenen Asylbewerbern befürchten viele, Ermittlungen würden im Sande verlaufen und Straftäter ungeschoren davonkommen.

Das stimmt absolut nicht. Ich denke, das haben wir gerade auch nach den Ereignissen auf dem Kornmarkt deutlich gezeigt. Eine Straftat wird verfolgt, ganz gleich, von wem sie begangen wird.

Noch ein Wort zu den Abschiebungen. Laufen die jetzt konsequenter?

Ja, und es werden auch mehr. Wir als Polizei sind dabei aber „nur“ die Ausführenden. 2016 hatten wir Aufträge, insgesamt 535 Personen abzuschieben, in 364 Fällen konnten wir das auch realisieren, das sind knapp drei Viertel. Die Zahlen werden sich weiter erhöhen, wir sind da durchaus auch in der Lage, noch erfolgreicher zu sein.

Das Gespräch führte Jana Ulbrich.