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Der tiefe Fall eines Möbelkönigs

Rolf Demuth war Europas größter Schrank-Produzent. Jetzt steht er wegen Betruges mit einem Schaden von 234 Millionen Euro vor Gericht.

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Von Erich Reimann

Detmold. Für den 71-jährigen Unternehmer Rolf Demuth ist es ein tiefer Fall: Noch vor drei Jahren war er der größte Möbelproduzent Europas. Ab Morgen muss sich der Gründer von Schieder-Möbeln wegen Betruges vor dem Detmolder Landgericht verantworten.

Dabei schien die Geschichte des Unternehmers zunächst wie ein Märchen aus Wirtschaftswunderzeiten. 1964 gründete Demuth in der lippischen 10000-Einwohner-Gemeinde Schieder-Schwalenberg sein Möbelunternehmen und begann einen furiosen Aufstieg. Als erstes deutsches Unternehmen produzierte Schieder in Italien und Polen und konnte dank der so möglichen günstigen Preise zügig wachsen. Auch Ikea gehörte zu seinen Kunden. 2007 beschäftigte das Unternehmen in über 100 Tochterfirmen weltweit rund 11000 Mitarbeiter, 1500 davon in Deutschland.

Doch zu dieser Zeit war bei dem Möbelunternehmen offenbar längst nicht mehr alles Gold, was nach außen hin glänzte. Schleichend hatten sich nach Überzeugung der Bielefelder Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität in den Jahren zuvor die wirtschaftlichen Ergebnisse der Schieder-Gruppe immer mehr verschlechtert. In der Not griff Demuth nach Einschätzung der Strafverfolger zu illegalen Mitteln. Zusammen mit drei mitangeklagten Managern soll der Unternehmer spätestens seit dem Geschäftsjahr 2003/2004 die Bilanzen geschönt haben. Wahrscheinlich sei sogar schon früher damit begonnen worden, Lagerbestände überzubewerten oder sogar ganz zu erfinden, äußert die Anklage. Der Betrug geschah den Ermittlern zufolge im großen Stil. Allein 2004 und 2005 sei das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit um fast 20 Millionen Euro zu hoch ausgewiesen worden. Im Jahr darauf seien es sogar mehr als 30 Millionen Euro an Betriebsgewinn gewesen, die einfach dazuerfunden worden seien.

Mit den gefälschten Bilanzen verschafften sich Demuth & Co dann der Anklage zufolge bei Banken und Anlegern dringend benötigtes Kapital. Insgesamt sollen sie zwischen Ende 2004 und April 2007 Bankinstitute und Investoren dazu veranlasst haben, dem Unternehmen Kapital in Höhe von 346 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Nur einen Bruchteil dieser Summe sahen sie wieder. Der Schaden durch den Betrug beziffert sich auf 234 Millionen Euro.

Ans Licht kam die Affäre, als im Frühsommer 2007 eine neue Geschäftsführung das inzwischen sehr angeschlagenen Möbelunternehmen übernahm, die Bilanzen prüfte und dann selbst die Polizei einschaltete. Am 4. Juni 2007 wurde Demuth festgenommen. Er verbrachte mehrere Monate in Untersuchungshaft. Das Unternehmen ging in die Insolvenz und wurde zerschlagen. (apn)