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Der Türmer zu Pirna

SZ-Adventskalender, Türchen 9: Sagen aus der Sächsischen Schweiz - Wie ein eingesperrter Dackel die Stadt Pirna rettete.

Von Christian Eißner
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Hannah Sophie (9) aus Lohmen als Türmer.
Hannah Sophie (9) aus Lohmen als Türmer. © Foto: Marko Förster

Es war einst ein Türmer zu Pirna, der hatte einen Hund, einen Dackel, der mit ihm im Turm der Marienkirche wohnte, um ihm die Einsamkeit zu vertreiben. Bei Nacht wachte der Dackel mit dem Türmer über die Stadt und hielt Ausschau, dass nirgendwo ein Feuer ausbrach. Nie in dieser Zeit ist Pirna von einem großen Feuer heimgesucht worden, denn der Dackel roch es, noch ehe die Flammen richtig loderten. So konnte der Türmer seine Glocke läuten und die Pirnaer Bürger stets rechtzeitig warnen.

Bei Tag aber vertrieb sich der Dackel die Zeit in den Gassen. Einmal wagte er sich, weil es dort gar so gut roch, in die Fleischbänke am Rathaus, wo die Fleischermeister ihre Wurst verkauften. Blitzschnell stibitzte er einem Fleischer einen Wurstzipfel, der vom Tische herunterhing. Der Fleischer war darüber so erbost, dass er den Hund schnappte und in sein Haus einsperrte. Erst sollte der Türmer den Wurstzipfel bezahlen, bevor er seinen Dackel wiederbekäme.

Der arme Türmer aber lief am Abend durch die Stadt und rief und lockte, aber sein treuer Hund ließ sich nirgends blicken. Der Fleischer hatte ihn ja in seinem Haus eingesperrt.

Ausgerechnet in jener Nacht trug es sich zu, dass der dicke Fleischermeister den Ofen in seiner Stube nicht recht löschte und ein Stück glühende Kohle auf die Dielen fiel. Diese fingen sofort an zu schwelen. Das Feuer hätte wohl die ganze Stadt in Schutt und Asche gelegt, wenn nicht der Dackel ein jämmerliches Jaulen begonnen hätte. Davon wurde der Fleischer wach und bekam es mit der Angst zu tun. In dem Hund, dachte er, wohnt wohl der Teufel. Und da er den Teufel nicht im Haus haben mochte, wollte er den Dackel hinaus auf die Gasse jagen. Der aber lief in die Stube, wo die glühende Kohle schon die Dielen angesteckt hatte und zeigte dem Mann die Gefahr, sodass er das Feuer noch löschen konnte.

Der Fleischer wusste nun, dass der Hund nicht der Teufel, sondern ein wahrer Wächter über die Stadt war. Fortan durfte er von seiner Fleischbank so viel Wurstzipfel haben, wie er mochte. Und der Türmer war froh, dass er seinen treuen Gefährten wieder bei sich hatte.

Die Zeit verging, und der treue Dackel wurde alt. Immer seltener sah man ihn durch die Gassen streifen. Und bald kam er gar nicht mehr. Der Türmer aber mochte den Hund nicht begraben, als er gestorben war. Und so ließ er ihn im Kirchturm. Der Geist des Dackels, so erzählt man, soll weiter jeden Brand in der Stadt angezeigt haben, auf dass der Türmer die Pirnaer warnen konnte. Der Hund, das ist kein Märchen, liegt heute noch versteckt im Turm. 

Gelesen werden die Sagen täglich, 17 Uhr, auf dem Pirnaer Canalettomarkt vom Weihnachtsmann, auch das Kalenderkind ist dann mit auf der Bühne.