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Der Überflieger

Der Kunststoff-Spezialist Cotesa sorgt dafür, dass Flugzeuge leicht, stabil und sicher sind.

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© Freie Presse

Von Ramona Nagel

Jörg Hüsken geht durch die Hallen, grüßt viele Mitarbeiter mit Namen, erzählt und ist sichtlich fasziniert von der Entwicklung des Unternehmens inmitten von Mittweida. „Wir wachsen und wachsen, wer hätte das einmal gedacht“, sagt er. Der gebürtige Rheinländer ist das, was man einen umtriebigen Unternehmer nennt. Schon während des Studiums verkaufte er preiswerte Matratzen und Lattenroste. „Ich wollte immer Unternehmer sein und selbst gestalten“, sagt der Betriebswirt. „Mein größtes Talent ist es, Menschen zu begeistern und für die jeweilige Aufgabe die Richtigen zu finden.“

Dass er seinen Traum seit 22 Jahren in Sachsen erfüllt, geht auf seine Großmutter zurück. Sie flüchtete im Zweiten Weltkrieg mit den Kindern vor den Bomben im Ruhrgebiet nach Siebenlehn und schloss viele Freundschaften in der Region. Deshalb zog es ihren Sohn, einen Bauunternehmer, nach der Wende nach Riesa. Er gründete eine Niederlassung seines Unternehmens und verantwortete diese seinem Sohn Jörg. Der wollte eigentlich nur drei Jahre bleiben. Doch der Bauboom brachte gute Geschäfte – unmöglich, die Zelte abzubrechen.

Nach Ende der Baukonjunktur blieb jedoch den mittlerweile drei Firmen mit rund 400 Mitarbeitern nur die Insolvenz. „Es war sehr schmerzhaft“, meint der erfolgsgewohnte Unternehmersohn. Doch es musste weitergehen für ihn und seine Familie. Eine kleine Maschinenbaufirma schien Hüsken dafür sehr geeignet. Zufällig stieß er auf einen insolventen Kunststoffspezialisten in Mittweida. Aus einem Teil dieser Firma entstand die Cotesa (Composites Technology Saxony), die mit fünf Mitarbeitern 2002 startete. Das erste Produkt waren Fußbodenwannen für Bordtoiletten von Flugzeugen.

Seit 2003 ist Udo Berthold als geschäftsführender Gesellschafter dabei. Der gebürtige Dresdner hat Werkzeugmacher gelernt, Maschinenbau studiert und promoviert. „Privat haben wir kaum Berührungspunkte, aber unser Wertesystem ist deckungsgleich“, meint Hüsken. „Zwischen uns ist etwas, das man nicht aufbauen kann.“ Die beiden diskutieren konträr und finden dabei Ideen und neue Wege und letztlich Gemeinsamkeiten, die das Unternehmen vorwärtsbringen.

Denn mittlerweile hat sich Cotesa zum Zulieferer für die Luftfahrtindustrie entwickelt und beliefert Airbus mit leichten, aber besonders stabilen Bauteilen aus Kohlefaser. Neben den Teilen für Bordtoiletten sind das weitere Teile für den Innenausbau sowie sicherheitsrelevante Strukturbauteile an Heck und Flügeln. Allein für den A 350 sind es mehr als 500. In Kürze soll auch Boeing zu den Kunden zählen. „Der erste Auftrag ist in Sicht“, freut sich Hüsken. Damit wird das Produktprogramm erneut stark wachsen. Schon jetzt sind es rund 7.000 Teile jährlich, entwickelt von den 60 Ingenieuren in Zusammenarbeit mit Studenten der Technischen Hochschulen Chemnitz und Dresden.

Noch relativ klein dagegen ist der Automobilbereich. Gemeinsam mit der Eissmann-Gruppe aus Baden-Württemberg werden Kohlefaserbauteile für Innenräume sowie Karosserien entwickelt, produziert und vermarktet. Sie stecken unter anderem im Cockpit des Porsche-Supersportwagens 918. „Eigentlich sind wir eine Erfinderbude mit angeschlossener Produktion“, scherzt Hüsken. Und die Cotesa wächst rasant. Die Zahl der Mitarbeiter ist auf 478 gestiegen, allein in den vergangenen beiden Jahren wurden 200 eingestellt. Mittelfristig soll der Umsatz von rund 36 Millionen Euro in diesem Jahr auf 100 Millionen Euro steigen. Das stark wachsende Auftragsvolumen verlangt zudem nach ständiger Erweiterung. Deshalb werden bis Anfang 2015 rund 20 Millionen Euro investiert.

Erst vor wenigen Monaten wurde ein Vorfertigungs- und Logistikzentrum eingeweiht. Hier wird Rohmaterial bei minus 18 Grad tiefgekühlt und zugeschnitten. „Eigentlich sind wir schon wieder zu klein“, bedauert Hüsken. Denn Hüsken und Berthold haben noch viel vor. So sollen künftig nicht nur Bauteile, sondern Baugruppen produziert werden und Cotesa international expandieren.

Die nötige Ruhe holt sich Hüsken in der Freizeit. So hat er ein altes Motorrad wieder auf Vordermann gebracht, ein Oldtimer ist kurz vor der Vollendung. „Schrauben und ölige Finger sind eine wunderbare Entspannung“, sagt der Autofan. (FP)

Außerdem wurden unter anderem vorgeschlagen: Fahrzeugtechnik Miunske GmbH aus Großpostwitz; Alpin Technik und Ingenieurservice GmbH aus Leipzig; Hoch- und Tiefbau GmbH Risse aus Klipphausen.

www.sz-unternehmerpreis.de