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Der unbekannte Milliardär wird 85

Erivan Haub baute ein gigantisches Handelsunternehmen auf. Zum Imperium gehören Kik und Obi – und eine Villa in Radebeul.

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© dpa

Von Erich Reimann

In der breiten Öffentlichkeit ist sein Name fast unbekannt: Erivan Haub. Dabei schrieb der Unternehmer, der am 29. September seinen 85. Geburtstag feiert, Einzelhandelsgeschichte. Zu dem von ihm unter dem Dach der Unternehmensgruppe Tengelmann errichteten Familienimperium gehören Deutschlands größter Textildiscounter Kik und die Baumarktkette Obi – und lange Zeit war das Unternehmen auch im Lebensmittelhandel ein Wettbewerber. Das Manager-Magazin schätzte Haubs Vermögen 2016 auf rund vier Milliarden Euro.

Geprägt wurde der in Wiesbaden geborene Diplomvolkswirt nicht zuletzt durch seine in den 50er-Jahren erworbenen Erfahrungen in den USA. „Die Freude am Gestalten und am Führen, die habe ich in Amerika gelernt und sofort auf Deutschland übertragen“, erinnerte er sich später. Die Möglichkeit dazu bot sich ihm, als er 1963 in die familieneigene Handelsgruppe Tengelmann eintrat und wenige Jahre später die Leitung übernahm. Zu dieser Zeit machte die Gruppe 1,4 Milliarden Mark Umsatz. Doch das reichte Haub nicht. Er schaltete auf Expansion. Der Kauf des Erzrivalen Kaiser’s 1971 war der Startschuss. Haub kaufte Unternehmen und Beteiligungen in den USA, den Niederlanden sowie Italien und expandierte nach Osteuropa. Und er wagte den Schritt vom reinen Lebensmittelhandel zum Handel mit Bekleidung und Baumaterialien. Insgesamt konnte er so laut Handelsblatt die Erträge in gut 30 Jahren um das Fünfzigfache steigern.

Haub bewies bei seinen Aktivitäten oft eine glückliche Hand – aber nicht immer. Als sich der Firmenpatriarch zur Jahrtausendwende vom Chefposten zurückzog und das Geschäft seinen drei Söhnen übergab, war das Unternehmen unübersehbar sanierungsbedürftig. Allzu lange hatte der Firmenpatriarch notwendige Restrukturierungen vermieden. Vor allem der für das Europageschäft zuständige Sohn Karl-Erivan Haub musste harte Einschnitte vornehmen. Schritt für Schritt zog er sich aus dem Lebensmittelhandel zurück. Er verkaufte zunächst die Drogeriemarktkette kd und den Lebensmittel-Discounter Plus und am Ende 2016 auch die Supermarktkette Kaiser’s-Tengelmann. Stattdessen investierte er in den boomenden Online-Handel.

Erivan Haub zeigte sich dennoch zufrieden mit seinem Lebenswerk, als er Anfang 2013 vom Handelsblatt zusammen mit seiner Frau Helga in die „Hall of Fame der Familienunternehmen“ aufgenommen wurde. Gefragt, ob er im Rückblick irgendetwas anders machen würde, antwortete er: „Nicht einen Tag. Nicht ein Treffen. Nicht ein Fest. Nicht eine Zusammenkunft. Nicht eine Betriebsratssitzung. Nicht eine Aufsichtsratssitzung. Gar nichts. Nichts. Nein.“ Doch machte der Unternehmer nicht nur mit seinem Expansionswillen Schlagzeilen, sondern auch mit seinem frühen Engagement für den Umweltschutz. Mit der Verbannung von Schildkrötensuppen aus den Supermarktregalen startete Haub 1984 die erste Umweltaktion in den eigenen Filialen. Weitere folgten. 1987 wurden in der Unternehmensgruppe alle phosphathaltigen Waschmittel verbannt, 1988 alle Sprays mit FCKW. 1990 wurde Haub dafür zum „Ökomanager des Jahres“ gewählt. Zuletzt ist es ruhig geworden um den Unternehmer, der auch ein Anwesen in Radebeul besitzt. Bei Tengelmann heißt es auf eine Frage zu Informationen zum Jubilar: „Herr Haub hat sich vor einigen Jahren ins Privatleben zurückgezogen und bittet, dies zu respektieren.“ (SZ/dpa)