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Der Universalgelehrte, Arzt und Maler

Carl Gustav Carus hat das geistige Leben in Dresden mit bestimmt. Er ist einer der Väter der späteren Medak.

Von Ralf Hübner
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Carl Gustav Carus.
Carl Gustav Carus. © Wikipedia

Ein märchenhafter Aufstieg: Der Sohn eines Färbers wird Leibarzt des Königs. Im Alter von 22 Jahren kann er schon zwei Doktorgrade vorweisen. Nicht nur führende sächsische Adelsfamilien vertrauten dessen ärztlicher Kunst, auch viele Künstler wie der Dichter Ludwig Tieck oder der Bildhauer Ernst Rietschel. Aus dem Ausland kamen Adlige und gut betuchte Bürger nach Dresden, um sich von ihm behandeln zu lassen. Vor 230 Jahren kam Carl Gustav Carus zur Welt. Er war Arzt, Naturwissenschaftler, Philosoph, Maler und gilt neben Johann Wolfgang von Goethe und den Humboldt-Brüdern als einer der großen deutschen Universalgelehrten des 19. Jahrhunderts. Das Universitätsklinikum und die Medizinische Fakultät der Technischen Universität Dresden tragen seinen Namen, auch das Carusufer in der Neustadt ist nach ihm benannt.

Geboren wurde Carl Gustav Carus am 3. Januar 1789 jedoch in Leipzig. Das Talent fürs Medizinische wurde ihm wohl von seiner Mutter, Christiane Elisabeth, geborene Jäger, in die Wiege gelegt. In deren Familie gab es mehrere Ärzte und Naturforscher. Statt mit Gleichaltrigen zu spielen, zog es den kleinen Carl in die Natur, Pflanzen und Tiere erregten dessen Aufmerksamkeit. Nach dem Besuch der Thomasschule studierte er an der Universität Leipzig die Fächer Physik, Botanik und Chemie, ab 1806 Medizin, promovierte 1811 zum Dr. phil. und Dr. med., habilitierte mit dem Thema „Entwurf einer allgemeinen Lebenslehre“ und hält erste Anatomie-Vorlesungen. Im gleichen Jahr heiratet er Caroline, eine jüngere Stiefschwester des Vaters.

Carl Gustav Carus muss ein guter Arzt gewesen sein, ein sehr guter. Drei Jahre bleibt er als Assistenzarzt im Trierschen Institut, dem Vorläufer der Universitäts-Frauenklinik, sowie als Lazarett- und Armenarzt in Leipzig. Dann wird er mit 25 Jahren 1814 nach Dresden gerufen und mit der Leitung der Königlichen Entbindungs- und Hebammenstation betraut.

In der Chirurgisch-Medicinische Akademie im Kurländer Palais wurden Militär- und Wundärzte sowie Hebammen ausgebildet. Die Hebammenanstalt leitete Carl Gustav Carus.
In der Chirurgisch-Medicinische Akademie im Kurländer Palais wurden Militär- und Wundärzte sowie Hebammen ausgebildet. Die Hebammenanstalt leitete Carl Gustav Carus. © Sammlung Holger Neumann

Als am 3. August 1815 im Kurländer Palais am Tzschirnerplatz eine Entbindungsklinik eingerichtet wird, ist er deren Direktor. Es ist die Geburtsstunde der Chirurgisch-Medicinischen Akademie, einem Vorläufer der späteren Medizinischen Akademie und dem jetzigen Uniklinikum, an der er als Professor für Geburtshilfe lehrt.

Den Namen hat das Palais vom Prinzen von Sachsen sowie Herzog von Kurland (1733 bis 1796), der dort einst wohnte. Während der Schlacht von Dresden 1813 diente es als Lazarett für verwundete Soldaten. 1814 zog die Lehranstalt für Medizin und Chirurgie als Klinik und Ausbildungsstätte ein. Die „Königlich sächsische Chirurgisch Medicinische Akademie“ blieb bis 1864 im Kurländer Palais.

1827 ernennt König Anton Carus zu einem seiner drei Leibärzte. Er soll sich geziert haben, denn es ist ein Einschnitt. Fortan sind es vor allem die Mitglieder des Königshauses, um deren gesundheitliches Wohlergehen er sich bis 1861 kümmert. Für Kranke aus dem Volk bleibt er dennoch ansprechbar.

Carus gehört zum Romantikerkreis um Ludwig Tieck, pflegt Briefwechsel mit Alexander von Humboldt und Goethe und ist leidenschaftlicher Maler. Noch während des Medizinstudiums hatte er Unterricht an der Zeichenakademie in Leipzig genommen. Er lernt Caspar David Friedrich kennen, den er verehrt und dessen Malweise ihn beeinflusst. Sie sind gemeinsam auf dem jetzigen „Malerweg“ in der Sächsischen Schweiz unterwegs und halten mit Stift und Pinsel faszinierende Landschaften fest. Erst nach eine Italienreise 1828 beginnt er sich stilistisch von seinem Vorbild zu lösen, wird detailgetreuer. Carus’ Bilder gelten als wichtiger Beitrag zum Realismus des Biedermeier. Er selbst sah sich stets als Dilettanten. Zeitgenössische Kritiker stellten ihn jedoch auf eine Stufe mit Caspar David Friedrich.

In den letzten Lebensjahren wurde es um Carus trotz des Ruhmes immer einsamer. Er hatte sechs Söhne und fünf Töchter. Nur zwei der Kinder überlebten ihn. Seine Frau war schon 1859 gestorben. Zwar arbeitete er immer noch als Arzt, doch malte er nur noch selten. Auch unternahm er kaum noch Reisen, die ihn einst nach Frankreich, Italien und Schottland geführt hatten. Am 28. Juli 1869 starb Carl Gustav Carus in seinem Haus Borngasse 18. Sein Grab befindet sich auf dem Trinitatisfriedhof.