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Der Urlaubsmacher

Ein Unternehmer aus Karsdorf investiert in eine Feriensiedlung. Das ist nicht sein einziges Projekt im Osterzgebirge.

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© Frank Baldauf

Von Mandy Schaks

Altenberg. Da steht er – mit seiner weißen Skimütze, dem blauen Anorak vor spätnachmittäglicher Gebirgskulisse an der Blockhütte. Wer auf dem Foto sieht, wie Rolf Heinemann vor der Kamera posiert, könnte meinen, er hat seinen Ort gefunden mitten im Grünen, wo er entspannen kann. Doch Rolf Heinemann macht keinen Urlaub, er macht Urlaub für andere.

Hier kann es der Gast gut aushalten.
Hier kann es der Gast gut aushalten. © Frank Baldauf
Eine der Hütten steht für Feriengäste zur Verfügung.
Eine der Hütten steht für Feriengäste zur Verfügung. © Frank Baldauf

Es sah wüst aus

Müll, Müll, Müll. Um das Grundstück zu beräumen, musste der Investor schon mal 100 000 Euro lockermachen.
Müll, Müll, Müll. Um das Grundstück zu beräumen, musste der Investor schon mal 100 000 Euro lockermachen.
Rolf Heinemann hatte nicht nur ein Grundstück gekauft, sondern zugleich alte Heizungsrohre mitgeerbt.
Rolf Heinemann hatte nicht nur ein Grundstück gekauft, sondern zugleich alte Heizungsrohre mitgeerbt.
Der Feriensiedlung im Weg stand auch dieses marode Haus. Der Bauschutt füllte gleich sechs bis sieben Lkws.
Der Feriensiedlung im Weg stand auch dieses marode Haus. Der Bauschutt füllte gleich sechs bis sieben Lkws.

Der Karsdorfer hat gerade mal wieder ein Projekt abgeschlossen, wie er das nennt. Das Projekt ist eine wunderschöne kleine Feriensiedlung in Zinnwald, die er in den vergangenen Jahren am sogenannten Kalkschneller mit seiner Frau Ulrike für gut eine Million Euro baute und jetzt offiziell eröffnen konnte. Die letzte von insgesamt vier Hütten – so bescheiden spricht Heinemann von seinem Bauvorhaben unterhalb vom Hotel Lugsteinhof – ist gerade fertig geworden. Aber was heißt hier Hütte! Das sind schon lebendig gewordene Träume.

Die großzügigen Ferienhäuser, in denen zum Teil bequem eine Fußballmannschaft unterkommen kann, schmiegen sich flach unters Dach des Osterzgebirges. Die Terrassen lassen erahnen, welch herrlichen Ausblick die Gäste hier genießen können. Auch innen bleiben keine Wünsche offen. Gediegenes Holz, naturbelassen, das unter den Schritten sogar noch ein bisschen knurrt, Kaminofen, lichte Höhen – anheimelnd auf den ersten Blick. Selbstverständlich sind die Hütten ausgestattet mit fließend Wasser und Strom. Wer nicht aufs Internet verzichten mag, wird auch damit gut bedient. Übertragungsraten von 50 Megabit pro Sekunde sind hier möglich. Die Ferienhäuser verfügen über offene Wohnküche, Badezimmer und ausreichend Schlafmöglichkeiten für Groß und Klein. „Wir haben hier sehr viel mit örtlichen Handwerkern gemacht“, sagt Rolf Heinemann und ist mit dem Ergebnis zufrieden. Seine Ehefrau ergänzt: „Alles sächsisch.“ Die Hütten sind natürlich nicht von der Stange. „Das ist ein Modell mit leichten Abweichungen“, erläutert Heinemann, jede Hütte zwischen 230 000 und 260 000 Euro teuer. Manche hat sogar noch einen eigenen kleinen Skiraum. Denn wer hier aus dem Bett fällt, steht gleich in der Loipe im Kahleberggebiet. Der Bauherr wusste sehr genau, was er hier tut. „Das habe ich selbst entworfen“, sagt er.

Mit 80 kein bisschen müde

Heinemann, 80 Jahre und kein bisschen müde, ist einfach ein Macher. Er scheint nur in Projekten zu denken. Die muss er nicht suchen, sie kommen zu ihm – oft dann, wenn es besonders knifflig wird. Er liebt die Herausforderung, scheut nicht die kraft- und nervenaufreibenden Auseinandersetzungen. „Da gibt es auch mal Streit“, weiß Ehefrau Ulrike. „Aber dabei kommt wenigstens was raus“, sagt sie und lacht. Es macht ihrem Mann Freude, Widerstände zu brechen, etwas durchzusetzen, was die Region vorwärtsbringt. Dabei hätte er so viel anderes zu tun.

Heinemann, mit eigenem Wikipedia-Eintrag, dem Nachschlagewerk im Internet, ist ein erfolgreicher Sportler und Unternehmer. Der Karsdorfer ist Seniorchef in der familiengeführten Robotron Datenbank-Software GmbH Dresden, 535 Mitarbeiter, spezialisiert auf Datenbanken, Software und Energiemanagement, mit eigenem Sportverein mit rund 200 Mitgliedern. Erfolgreich und bodenständig. Diese Mischung ist es auch, aus der Ideen erwachsen, von denen die Osterzgebirgler etwas haben. „Alles, was er macht, ist eine Bereicherung“, sagt anerkennend Zinnwalds Ortsvorsteher Hans-André Tooren. „Dr. Heinemann will, dass sich etwas entwickelt.“

Als er fast auf den Tag genau vor sechs Jahren in der Zeitung las, dass in Zinnwald ein Grundstück versteigert wird, wusste er sofort, das wird sein nächstes Projekt. Er erinnert sich noch, als wäre es heute, wie er sich ein paar Tage später mal schnell von seiner Firma loseiste und auf den Weg ins Dresdner Hygienemuseum zur Versteigerung machte. „Da waren vielleicht 100 fein angezogene Herren“, erzählt er. Heinemann hatte keine Zeit und wollte nur mal fix das Grundstück ersteigern. Da erfuhr er, dass es die Nummer 125 hat und frühestens am Nachmittag an der Reihe ist. „Da hatte ich doch aber beim Altenberger Bürgermeister mit dem Forst einen Termin.“ Wieder so ein Projekt: Ausbau der Biathlonarena. Er machte schnell einen Auktions-Crash-Kurs und bot telefonisch mit. Das hat dann tatsächlich geklappt.

Eine einzige Wüstenei

Doch ehe er mit seinem Vorhaben loslegen konnte, sollte noch viel Zeit vergehen. Er brauchte in dem landschaftlich sensiblen Gebiet einen Bebauungsplan – Kostenpunkt um die 20 000 Euro. Weil er bauen wollte und damit Flächen versiegelte, musste er einen Ausgleich bringen und auf 6 000 Quadratmetern in Fürstenau Wald pflanzen. Da waren die nächsten 15 000 Euro weg. „Dabei habe ich ja eigentlich hier nur Müll weggeräumt“, sagt Heinemann.

Es lagen alte Heizungsrohre herum, Schrott, ein zusammengefallenes Haus musste abgerissen werden. „Das war hier eine einzige Wüstenei“, erinnert sich der Altenberger Bürgermeister Thomas Kirsten (Freie Wähler). Damals sei nicht daran zu denken gewesen, dass hier mal eine Feriensiedlung entsteht. Durch die Bebauung habe Zinnwald an Attraktivität gewonnen. Es gebe viele Anfragen, ähnliche Hütten hier als Zweitwohnsitz zu errichten. „Aber es ist sehr schwierig, Baurecht zu bekommen“, so Kirsten. „Die Investoren kriegen viele Auflagen.“ Da müssten sie schon sehr begeistert sein, das umzusetzen, viel Durchhaltevermögen und eine Verbundenheit zur Region haben. So wie Heinemann. Der lässt sich aber gar nicht feiern, sondern denkt schon mal laut über sein nächstes Projekt nach: „Wir brauchen einen ordentlichen Radweg zwischen Tschechien und Deutschland.“