Von Jürgen Krämer
Furcht vor den Brexit-Folgen und eine ungebremste Geldflut der Notenbanken: Für viele Anleger ist das Grund genug, den vermeintlich sicheren Anlagehafen Gold anzusteuern. Seit Beginn des Jahres ist der Goldpreis um 30 Prozent gestiegen. Eine Feinunze (etwa 31 Gramm) wurde in dieser Woche bei 1 313 Dollar gehandelt. Schon tummeln sich viele spekulative Anleger am Goldmarkt. Einige Experten warnen vor Risiken und wollen einen deutlichen Rückschlag beim Goldpreis nicht ausschließen.
Wie stark die Nachfrage nach Gold ist, zeigen Zahlen vom Goldhändler Degussa. „Seit Jahresanfang steigt die Zahl der Degussa-Goldverkäufe – teilweise mit prozentual zweistelligen Zuwächsen“, berichtet Wolfgang Wrzesniok-Roßbach, Sprecher der Geschäftsführung des Unternehmens. Dabei werden verstärkt Barren von 250 Gramm und einem Kilogramm nachgefragt. „Bei den Anlagemünzen ist der Krügerrand nach wie vor die beliebteste Münze“, so Wrzesniok-Roßbach. „Das Brexit-Votum und die Aussicht auf eine länger abwartende US-Notenbank haben den Goldpreis nochmals kräftig nach oben geschoben“, beschreibt Rohstoffexpertin Barbara Lambrecht von der Commerzbank den Handel mit dem Edelmetall. Sie rechnet nicht mit einem starken Rückschlag und erwartet, dass die Feinunze zum Jahresende bei 1 350 Dollar stehen dürfte.
Als weitere wichtige Stütze für den Goldpreis gelten die mageren Zinsen. Vor allem die Tatsache, dass Anleger bei beliebten Anlegeformen wie zum Beispiel Bundesanleihen ihre Rendite abschreiben müssen, spielt Gold in die Hände. „Bisher wurde bei der Goldanlage stets moniert, dass Gold keine Zinsen zahle“, sagte Fondsmanager Andreas Böger von der Fondsgesellschaft C-Quadrat. Wenn die meisten Bundesanleihen aber mit negativen Renditen gehandelt werden, „ist eine nominale Verzinsung von null Prozent für eine sichere und liquide Anlage attraktiv“, sagte Böger.
„All das ist eine gute Politur für Gold“, kommentiert Rohstoffexpertin Dora Borbely von der Dekabank. Nach dem starken Anstieg in der ersten Jahreshälfte rechnet sie nicht damit, dass der Goldpreis nennenswert nachgeben wird. Ganz ähnlich äußerte sich Goldhändler Wrzesniok-Roßbach: „Es spricht vieles dafür, dass der Preisanstieg kein kurzfristiges Phänomen sein wird.“ Allerdings warnt Commerzbank-Expertin Lambrecht, das vergleichsweise hohe Niveau von Wetten auf einen steigenden Goldpreis berge das Risiko einer Preiskorrektur. (dpa)