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Der Wachmann und die FKD

Ein 31-Jähriger steht im Verdacht, aktiv an Neonazi-Attacken beteiligt gewesen zu sein.

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Von Alexander Schneider

Jahre haben die Ermittler daran gearbeitet, einen mutmaßlichen Gewalttäter aus der rechtsextremen Szene Dresdens dingfest zu machen. Noch in laufenden Prozessen gegen rechte Kameradschaften versuchte die Staatsanwaltschaft, den Mann zu überführen. Doch erst Mitte Dezember wurde er verhaftet, nachdem der Mann von einem Mittäter als „der große Leubener“ identifiziert wurde.

Die Spur zu dem „großen Leubener“ führt in die Dresdner Sicherheitsbranche. René H. ist ein 31-jähriger Dresdner, gelernter Koch und Inhaber einer eigenen Security-Firma. Dem kräftigen Hünen wird nachgesagt, unter Fußball-Hooligans und in der rechten Szene gut vernetzt zu sein. Doch der Security-Mann soll auch in Asylbewerberunterkünften gearbeitet haben – unter anderem für die Sicherheitsfirma seines Verteidigers.

Seit Mitte 2017 fällt der Name des 31-Jährigen regelmäßig in Prozessen gegen Rechtsextreme. Es begann im Mai im Amtsgericht Dresden im Verfahren gegen Robert H. (31). Der soll unter anderem bei dem Überfall einer „kleinen Bürgerwehr“ auf Ausländer am Dresdner Stadtfest mitgewirkt haben. René H. war Zeuge, da auch er bei der nächtlichen Aktion am Elbufer mitgewirkt haben soll. Er machte von seinem Schweigerecht Gebrauch, kein Zeuge muss sich selbst belasten.

Seit Juni ist auch am Landgericht Dresden von dem Sicherheitsmann die Rede – in zwei Prozessen gegen Mitglieder der „Freien Kameradschaft Dresden“ (FKD). Mehrere Angeklagte sagten, René H. habe bei der Gründung der FKD im Juli 2015 gezielt Leute gesucht, die vor Gewalt nicht zurückschrecken. Im aktuellen Prozess gegen die kriminelle Vereinigung war H. kürzlich auf Polizeivideos der Krawalle in Heidenau zu sehen. Im August 2015 hatten Hunderte Randalierer die Straße vor dem zur Asylunterkunft umgebauten Baumarkt blockiert und zwei Nächte lang die Polizei angegriffen. Am selben Wochenende soll H. auch bei dem geplanten Angriff auf Asylunterkünfte in der Dresdner Friedrichstadt anwesend gewesen sein. Sichergestellte Handy-Kommunikation soll belegen, dass „der große Leubener“ Mittäter aus Leipzig für den Angriff mobilisiert habe.

Eine 27-jährige Angeklagte berichtete, ihr damaliger Freund habe für René H. gearbeitet. H. sei Pegida-Ordner der ersten Stunde. Der Security-Mann leite eine Kampfsportgruppe mit seinen und anderen Wachmännern. Zweimal die Woche wird in Dresden trainiert. Sie selbst habe ihn im Mai 2015 kennengelernt, als H. die Fahrt zu einer rechtsextremen Demo organisiert habe. „Reisegruppe 44“ nannten sie sich, 44 steht für DD, also Dresden.

Die neuen Erkenntnisse reichten nicht aus, um den 31-jährigen Hünen zu verhaften. Das passierte erst am 18. Dezember 2017 – nachdem der Verdächtige in einem weiteren Prozess auftauchte: Im Terrorverfahren gegen acht Mitglieder der „Gruppe Freital“ am Oberlandesgericht Dresden. Einer der Angeklagten meldete sich Ende November, um gegen H. auszusagen. Er erhoffte sich offenbar Strafmilderung – und identifizierte den kräftigen Securitymann auf Fotos als „den großen Leubener“.

Der bis dahin Unbekannte habe im Oktober 2015 am Angriff auf das alternative Wohnprojekt „Mangelwirtschaft“ in Dresden-Übigau mitgewirkt. Die „Gruppe Freital“ hatte zu dem Angriff aufgerufen, FKD-ler und weitere Rechtsextremisten hatten geplant, die Scheiben des Hauses einzuschlagen, um drinnen selbst gebaute Pyrotechnik und Buttersäure hochgehen zu lassen. Der Angeklagte sagte, er habe aus Angst vor dem „großen Leubener“ nicht früher gegen ihn ausgesagt.

„Wir ermitteln wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung“, sagt Oberstaatsanwalt Wolfgang Klein, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. H. sei bereits Ende 2016 einige Wochen in U-Haft gewesen, doch die Beweise gegen ihn hätten nicht ausgereicht. Nun sehe es anders aus. Der „große Leubener“ soll etwa in Heidenau und beim Angriff auf die Mangelwirtschaft aktiv gehandelt haben. Gegen ihn werde etwa wegen Landfriedensbruchs, Körperverletzung und Herbeiführens von Sprengstoffexplosionen ermittelt.

Weniger erfreut ist Klein über neuen Ärger, der jetzt bekannt wurde. Einen Tag, nachdem René H. im Gefängnis Waldheim eintraf, habe er munter mit Robert H. geplaudert, dem Mitbeschuldigten für die Stadtfest-Angriffe. Das erzählte Robert H. vergangene Woche in seinem Berufungsprozess am Dresdner Landgericht.