Dreimal wird Horst Wagner seine Gaststätte im Kulturzentrum Parksäle noch öffnen. Dann geht das Restaurant in eine ungewisse Zukunft. Wer in Dippoldiswalde essen oder feiern will, hat erst mal eine Möglichkeit weniger.
Für den 65-jährigen Horst Wagner und seine Frau Sieglinde beginnt der Ruhestand, ein neuer Abschnitt in seinem Leben. Er hatte als junger Kerl, der in Reinhardtsgrimma aufgewachsen ist, Werkzeugmacher gelernt, aber seine Liebe gehörte immer der Musik und dem Zeichnen. Als er seine Frau kennengelernt hatte, die in der Kinderkrippe in der Glashütter Straße gearbeitet hat, wechselte er seinen Arbeitsplatz und wurde Hausmeister in der Krippe. Dort musste er zwar zentnerweise Kohle schaufeln, hatte aber Zeit genug, Musik zu machen. Er spielte mit verschiedenen Rockgruppen oder unterhielt mit der Kapelle Akzent Urlauber. Nicht nur das, er holte auch das Abitur nach.
Damit fiel er einem Mitarbeiter der damaligen Kreisleitung der SED auf. „Ein junger Kerl, der Abitur hat und auch noch Musik macht, der muss doch in die Kultur, hieß es“, erinnert sich Wagner. So wechselte er zum damaligen Rat des Kreises, arbeitete in der Abteilung Kultur und begann ein Fernstudium zum Kulturhausleiter. Im Juli 1988 übernahm er die Leitung des Kreiskulturhauses, der Parksäle. Damit war er auch für die Gaststätte verantwortlich. Eine der Hauptaufgaben für den Leiter war damals, den Betrieb der Gaststätte zu sichern. Die schloss Ende 1989, weil sie umgebaut werden musste.
Wagner hoffte, die Gaststätte und den Kulturbetrieb zusammenhalten zu können, damit Gewinne aus der Gastronomie die Kultur stützen können. Doch das Landratsamt sah das anders und schrieb den Betrieb der Gaststätte aus. „Da habe ich mich auch beteiligt. Schließlich hatte ich schon viel Engagement reingesteckt“, sagt Wagner. So wurde er 1992 Gastwirt. Damals hatte er noch die Studenten der Ingenieurschule als Stammgäste. „Das waren um die 250, und die sind sonnabends ausgegangen. Auch an andere Veranstaltungen wie Seniorentanz, Familienfeiern, Hochzeiten oder die Bälle der Tanzschule Richter, des Lionsclubs oder des Silcher-Chors denkt Wagner gerne zurück.
Das hat ihm geholfen, auch Rückschläge zu überstehen. So wurden 1993 Schäden am Dach entdeckt. Es hieß, der Umbau dauert zwei Monate, tatsächlich wurden es sieben. In dieser Zeit hatte er sieben Angestellte in Kurzarbeit, musste für sie also weiter Abgaben zahlen. „Das hat mich fast in den Ruin getrieben“, erinnert sich Wagner.
Auch die Augustflut 2002 hat ihn nur im ersten Moment verschont. „Es hat nur das Grundwasser in den Keller gedrückt. Aber das war sauberes Wasser“, erzählter. Jedoch ist danach das Geschäft ebenfalls in den Keller gegangen. Die Menschen hatten andere Sorgen, als in die Gaststätte zu gehen.
Noch ein Tiefschlag ereilte Wagner im Sommer 2014. Er lag gerade im Krankenhaus, als er hörte, dass der große Parksaal wegen Brandschutz-Mängeln gesperrt wird. Aber der Horst, wie ihn viele Gäste nennen, hat diese Höhen und Tiefen alle überstanden und wird am Sonntag zum letzten Mal seine Gaststätte öffnen. „Danach will ich mir wieder mehr Zeit für die Kunst nehmen, auch reisen“, kündigt er an.
Seine Kunden müssen sich gedulden. Denn es steht kein Nachfolger bereit. Die Stadt hat die Gaststätte zwar ausgeschrieben, bisher aber keinen Interessenten, wie der amtierende Bürgermeister Peter Antoniewski informierte.