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Der Zurück-Getretene

Am Ende blies der Wind doch zu eisig und Pegida-Frontmann Lutz Bachmann wurde sogar von einem engen Mitstreiter scharf angegriffen. Es folgte das für ihn typische Entschuldigungsritual.

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© dpa

Von Henry Berndt

Die AfD wusste es schon lange. Stunden, bevor Lutz Bachmann gestern Abend offiziell seinen Rückzug aus dem Vorstand und dem Orga-Team von Pegida erklärte, verschickte die sächsische AfD bereits eine Pressemitteilung mit der unmissverständlichen Botschaft: „Zum Rücktritt von Pegida-Organisator Lutz-Bachmann“.

Sieben Minuten später wurde die Mitteilung eilig zurückgezogen. Die Mail sei lediglich als mögliche Variante vorbereitet und versehentlich verschickt worden, teilte AfD-Sprecher Lars Klatte mit. Es sei noch überhaupt nichts entschieden.

Ein Schelm, der stattdessen eine enge Verquickung zwischen den Pegida-Organisatoren und der AfD vermuten würde.

Die Nachricht jedenfalls stimmte, Bachmann trat einige Stunden später am Abend tatsächlich den Rückzug an. In einer Mitteilung entschuldigte sich der 41-Jährige „bei allen Bürgern“ – und gestand im gleichen Atemzug, dass die auf Facebook aufgetauchten pauschalen Beleidigungen von Asylbewerbern als „Viehzeug“, „Drecks-pack“ und „Gelumpe“ tatsächlich von ihm selbst stammen.

Die Staatsanwaltschaft Dresden hatte deshalb gestern bereits Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen ihn eingeleitet. Eine Ladung der Polizei werde Bachmann demnächst zugehen, sagte Sprecher Jan Hille der SZ. Bachmann und weitere Zeugen müssen nun Stellung zu den Vorwürfen beziehen.

Ebenfalls überprüft werden soll in diesem Zusammenhang ein auf Facebook aufgetauchtes Foto, dass Bachmann mit Hitlerbart und Seitenscheitel zeigt, offenbar beim Friseur. Die Echtheit des Bildes hatte Bachmann bereits zuvor bestätigt. Das Foto habe er als Scherz auf der Facebook-Seite von Christoph Maria Herbst gepostet. Bachmanns Behauptung, dem Komiker habe das „gefallen“, ließ Herbst gestern über seinen Anwalt entschieden zurückweisen. Außerdem habe er gar keine Facebook-Seite. Bachmanns Aussagen seien unwahr.

Auffällige Parallelen

Für das Hitler-Foto wurde Bachmann auch innerhalb von Pegida scharf angegriffen. Der Vorfall müsse Konsequenzen haben, hatte Vorstandsmitglied René Jahn in der Onlineausgabe der Bild-Zeitung gefordert. Mit so etwas wolle er nichts zu tun haben. „Es geht hier um die gesamte Bewegung und nicht nur um eine Person“, wurde Jahn zitiert.

Die geforderte Konsequenz folgte am Abend. Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel ließ die ausführliche Erklärung Bachmanns zunächst auf Facebook verbreiten. Darin heißt es in Bachmanns Worten: „Ich entschuldige mich aufrichtig bei allen Bürgern, die sich von meinen Postings angegriffen fühlen. Es waren unüberlegte Äußerungen, die ich so heute nicht mehr tätigen würde.“ Es tue ihm leid, damit den Interessen seiner Bewegung geschadet zu haben. Die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ sehen sich seit ihrer Gründung mit Vorwürfen konfrontiert, Ressentiments gegen Ausländer zu schüren. Dieses Ziel hatten die Organisatoren der Veranstaltungen in Dresden stets vehement bestritten.

Aus der Sicht Pegidas stellte Oertel klar, Bachmann habe sich viele Verdienste für die Bewegung erworben und habe sie auf die Straße und in die Medien gebracht. Allerdings betonte Oertel auch: „Die jetzt bekannt gewordenen Facebook-Postings Lutz Bachmanns vom September weisen wir als Verein aufs Schärfste zurück. Sie tragen nicht dazu bei, Vertrauen zu den Zielen und Protagonisten von Pegida zu entwickeln. Nur persönliche Integrität schafft politische Glaubwürdigkeit.“

Dieser letzte Satz Oertels musste einem doch irgendwie bekannt vorkommen. Von der AfD. In ihrer versehentlich einige Stunden zu früh versandten Stellungnahme hatte Sachsens AfD-Fraktionschefin Frauke Petry am Nachmittag fast wortgleich festgestellt: „Politische Glaubwürdigkeit ist ohne persönliche Integrität unmöglich.“