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Deutsche Wohnen AG bedient sich im Infinus-Reich

Der börsennotierte Immobilienkonzern kauft 300 Wohnungen und erfreut damit den Insolvenzverwalter.

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Von Ulrich Wolf

Dresden. Die Filetstücke aus dem Immobilienportfolio des insolventen Dresdner Finanzdienstleisters Infinus sind verkauft. Verwalter Frank-Rüdiger Scheffler teilte gestern mit, er habe 36 Immobilien für fast 48,3 Millionen Euro im Markt unterbringen können. „Das sind fast zehn Millionen Euro mehr, als wir erwartet hatten.“ Der 56 Jahre alte Rechtsanwalt von der auf Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei Tiefenbacher sprach von „einem Meilenstein im Insolvenzverfahren“.

Frank-Rüdiger Scheffler, Insolvenzverwalter der Prosavus AG
Frank-Rüdiger Scheffler, Insolvenzverwalter der Prosavus AG

Diese Objekte wurden verkauft

Der Verkauf von 36 Objekten der zusammengebrochenen Dresdner Infinus-Gruppe hat mehr als 48 Millionen Euro eingebracht.
Der Verkauf von 36 Objekten der zusammengebrochenen Dresdner Infinus-Gruppe hat mehr als 48 Millionen Euro eingebracht.

Insgesamt habe es 185 Interessenten für die Infinus-Gebäude gegeben: Privatinvestoren, Wohnungsgesellschaften, Pensionskassen und Banken. Zwei Gewerbeimmobilien wurden einzeln verkauft. Dabei handelt es sich um ein Bürogebäude im Dresdner Barockviertel, für das mindestens 6,5 Millionen Euro geboten werden mussten; es ging an eine Immobilienfirma in Stuttgart. Das andere Bürohaus war der Sitz der Zeitung Dresdner Neueste Nachrichten, das ein privater Investor erwarb.

Den Löwenanteil der Infinus-Häuser sicherte sich der börsennotierte Konzern Deutsche Wohnen AG. Eine Unternehmenssprecherin sagte der SZ, durch den Kauf habe man das eigene Portfolio in Dresden um 300 auf nun 2.400 Wohnungen erweitert. Dem Unternehmen mit Sitz in Frankfurt am Main und Berlin gehören nunmehr diverse Villen in Dresden sowie 24 Reihenhäuser in Freital.

Die Deutsche Wohnen AG gehört zu den Großen im Immobilienmarkt. Mitte 2014 hatte das Unternehmen fast 153.000 Wohnungen und Gewerbeimmobilien im Wert von rund neun Milliarden Euro. Hinzu kommen mehrere Seniorenheime der Marke „Katharinenhof“, sechs davon liegen in Sachsen. Im vergangenen Jahr fuhr der Konzern einen Nettogewinn von 213 Millionen Euro ein. Die drei größten Aktionäre sind der kanadische Versicherer Sun Life Financial, der weltgrößte Vermögensverwalter Black Rock aus New York und die Bank von Norwegen.

Die nun von der Deutsche Wohnen AG gekauften Immobilien stammen aus der Infinus-Untergesellschaft Prosavus AG, die Scheffler gemeinsam mit seinem Kollegen Nils Freudenberg abwickelt. Beide sprachen gestern von einem „sehr gut organisierten Immobiliengeschäft“. Treibende Kraft dahinter war nach SZ-Recherchen der bekannte Dresdner Makler Michael Oertel.

Insolvenzverwalter Scheffler, der unter anderem schon die Pleite von Waggonbau Niesky und Eschebach-Küchen in Radebergbetreute, sagte, Oertel sei nun „ganz raus aus dem Geschäft“.

Den Großteil des Erlöses aus dem Verkauf der Infinus-Immobilien erhalten allerdings nicht die privaten Anleger, sondern zunächst einmal die Banken. Größte Kreditgeber waren die Deutsche Kreditbank in Berlin, die Volksbank Bautzen und die WL-Bank in Münster. Nach Zahlung der Bankverbindlichkeiten verbleiben 16 Millionen Euro für die 12.000 Anleger der Prosavus-Gruppe. Ihnen bleiben – außer dem Erlös aus den Immobilienverkäufen – gut zehn Millionen Euro aus dem Verkauf von Edelmetallen sowie etwa 40 Millionen Euro aus der Verwertung von Lebensversicherungen. Von den insgesamt 66 Millionen Euro müssen allerdings noch die Verfahrenkosten abgezogen werden, die sich auf zehn bis 15 Millionen Euro belaufen dürften. Unterm Strich also können die Anleger mit der Rückzahlung von etwa einem Fünftel ihrer Investitionen rechnen.

Scheffler zufolge wird das Verfahren „sechs bis acht Jahre dauern“. So ist juristisch noch zu klären, ob die Inhaber von Genussrechten mit anderen Anlegern gleichrangig behandelt werden können oder nicht. Zudem will Scheffler den Jahresabschluss 2010 der Prosavus AG für nichtig erklären lassen.

Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelte bereits 2012 wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetrugs und Bilanzfälschung gegen die Infinus-Gruppe. Nach einer Razzia im November 2013 brach der einst von Politikern und Sportstars hofierte Finanzkonzern zusammen. Fünf ehemalige Aufsichtsräte und Manager sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Insgesamt ermittelt die Justiz gegen zehn Beschuldigte, darunter sind auch der Wirtschaftsprüfer und der Steuerberater des Unternehmens.

Etwa 41.000 Anleger hatten der Infinus-Gruppe ihr Geld anvertraut. Ihre Forderungen belaufen sich auf gut eine Milliarde Euro. Die größten Insolvenzfälle aus dem einstigen Infinus-Reich betreut der Pleitenspezialist Bruno Kübler. Dessen Ernennung durch das Amtsgericht Dresden erscheint dem Münchner Anlegeranwalt Peter Mattil inzwischen „derart dubios“, dass er sich nach eigenen Angaben an die Korruptionsbeauftragte der Bundesregierung und das Bundesjustizministerium gewandt hat.