Deutscher Diplomat verlässt Venezuela

Caracas. Nach der klaren Positionierung der Bundesregierung im Machtkampf in Venezuela ist der deutsche Botschafter in dem südamerikanischen Land nicht länger erwünscht. Die Regierung in Caracas erklärte Daniel Kriener ab Mittwoch zur "Persona non grata" und gab ihm 48 Stunden Zeit, das Land zu verlassen. Staatschef Nicolás Maduro wirft dem Diplomaten vor, sich in die inneren Angelegenheiten des südamerikanischen Landes eingemischt zu haben.
Kriener hatte am Montag gemeinsam mit anderen Diplomaten aus Europa, Lateinamerika und den USA den selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó am Hauptstadtflughafen Maiquetía erwartet. Dem Oppositionsführer drohte die Festnahme, weil er trotz eines laufenden Ermittlungsverfahrens und einer Ausreisesperre das Land verlassen hatte.
Kriener sei auf seinen persönlichen Wunsch zum Flughafen gefahren, um mit seiner Anwesenheit eine Verhaftung von Guaidó zu verhindern, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) im Interview des Saarländischen Rundfunks. Obwohl auch andere Diplomaten an der Aktion beteiligt waren, sei nach derzeitigem Stand nur der deutsche Botschafter von der Ausweisung betroffen.

Die Regierung in Caracas warf Kriener politische Parteinahme vor. "Venezuela ist frei und unabhängig. Deshalb sind Handlungen von diplomatischen Vertretern, die eine Einmischung in die Angelegenheiten des Volkes und der Regierung darstellen, nicht erlaubt", teilte das Außenministerium mit.
Die USA äußerten sich zunächst nicht explizit zu der Ausweisung des deutschen Botschafters. Maduro hatte bereits sofort nach der Anerkennung von Guaidó durch die USA die diplomatischen Beziehungen zu Washington abgebrochen. Allerdings twitterte US-Sicherheitsberater John Bolton am Mittwochabend (Ortszeit) ohne weitere Erklärung: "Präsident Trump hat Nicolás Maduro und allen um ihn herum klar gemacht: Alle Optionen liegen auf dem Tisch."
Nach Einschätzung des FDP-Außenexperten Alexander Graf Lambsdorff ist der Rauswurf des deutschen Top-Diplomaten vor allem innenpolitisch motiviert. "In der Regierung Maduro greift die Furcht vor Kontrollverlust um sich, wenn sie zu derart abwegigen Maßnahmen greift", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Guaidó: Ausweisung ist Drohung gegen Berlin
Guaidó hingegen stellte sich hinter Kriener. Die von Venezuelas Regierung angeordnete Ausweisung des deutschen Botschafters ist nach Ansicht des Oppositionschefs eine Drohung gegen Deutschland. "Das Regime bedroht den Botschafter nicht nur verbal, auch seine physische Integrität ist gefährdet", sagte der selbst ernannte Übergangspräsident dem Spiegel. Staatschef Nicolás Maduro sei außerdem gar nicht befähigt, einen Botschafter zur unerwünschten Person zu erklären, denn er besetze das Präsidentenamt auf illegale Weise.
Er habe Botschafter Daniel Kriener daher gebeten, zu bleiben, sagte Guaidó. "Ich erkenne ihn an, und ich möchte Deutschland für die geleistete humanitäre Hilfe danken." Guaidó fügte hinzu: "Venezuela lebt in einer Diktatur, dieses Vorgehen stellt eine Drohung gegen Deutschland dar."
Nach Ansicht von Guaidó ist es nicht notwendig, dass die deutsche Regierung nun den venezolanischen Botschafter aus Berlin ausweist. "Das ist nicht nötig, denn er wird ja nicht mehr anerkannt. Wir haben bereits einen neuen diplomatischen Vertreter in Deutschland benannt", sagte er. Maduro wolle mit der Ausweisung zeigen, dass er noch über Macht verfüge. "Aber die einzigen, die noch zu ihm stehen, sind die Streitkräfte." Guaidó rief Europa dazu auf, die Ausweisung deutlich abzulehnen und die finanziellen Sanktionen gegen die Regierung Maduros zu verschärfen.
Auch das von der Opposition kontrollierte, aber entmachtete Parlament in Caracas wies die Ausweisung des Botschafter zurück. Der Abgeordnete Omar Barboza sagte während einer Parlamentsdebatte am Mittwoch, die Ausweisung des Diplomaten sei ein weiterer Beweis für das totalitäre Verhalten der Regierung.
In dem südamerikanischen Land tobt seit Wochen ein erbitterter Machtkampf zwischen Maduro und Guaidó. Der junge Abgeordnete hatte sich am 23. Januar zum Interimspräsidenten erklärt und den Staatschef damit offen herausgefordert. Zahlreiche Staaten, darunter auch Deutschland, haben Guaidó bereits als rechtmäßigen Übergangspräsidenten anerkannt.
Mit der Anerkennung rückte die Bundesregierung von ihrer bisherigen Praxis ab, nur Staaten, nicht aber Regierungen förmlich anzuerkennen. Nach einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags gab es zudem "starke Gründe für die Annahme", dass die Anerkennung Guaidós eine Einmischung in innere Angelegenheiten sei.
USA kündigen weitere Visa-Sanktionen an
Die US-Regierung hat unterdessen weitere Sanktionen gegen das Umfeld des venezolanischen Staatschefs Nicolás Maduro angekündigt. Washington werde 77 Visa von Regierungsbeamten und deren Angehörigen widerrufen, sagte US-Vizepräsident Mike Pence am Mittwoch bei einem Treffen mit Latino-Unternehmern. "Wir werden das Maduro-Regime solange zur Rechenschaft ziehen, bis Venezuela wieder frei ist", sagte er.
Dass der sozialistische Staatschef noch im Amt ist, hat er aus Sicht von Pence auch Kuba zu verdanken. "Die Wahrheit ist, dass Maduro sich nur dank der Brutalität seiner Anhänger und der Hilfe aus dem kommunistischen Kuba an der Macht hält." Maduro sei kein venezolanischer Patriot, sondern eine Marionette Kubas, zitierte er US-Präsident Donald Trump.
In dem Machtkampf in Venezuela unterstützen die USA den selbst ernannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó. Am Mittwoch hatte Washington ausländische Banken gewarnt, mit der Regierung Maduros Geschäfte zu machen. Der nationale Sicherheitsberater John Bolton drohte mit Sanktionen gegen Finanzinstitute, die "unrechtmäßige" Transaktionen ermöglichten, von denen Maduro und sein "korruptes" Netzwerk profitieren könnten. (dpa)