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„Deutschland regelt sich noch mal kaputt“

Wenn Mensch und Tier nicht nur zusammen leben, sondern sich helfen und eine Stütze sind, kann die Trennung besonders wehtun. Wir haben darüber mit Saskia Jeraufke aus Grünlichtenberg gesprochen.

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© privat

Von Sylvia Jentzsch

Mittweida. Saskia Jeraufke arbeitet in der Fachgruppe Forensik der Hochschule Mittweida. Ehrenamtlich jedoch besucht sie einmal die Woche die Grundschule Grünlichtenberg – mit ihrem Labrador Milow und ihrem Birmakater Feivel. Somit lernen die Mädchen und Jungen auch mit tierischer Unterstützung Lesen. Dafür hat Saskia Jeraufke im Therapiezentrum Kronach ein Seminar besucht.

Frau Jeraufke, können Sie sich vorstellen, dass die Trennung der Familie und der Katzen zu gesundheitlichen Schäden führen kann?

Jeder vernünftige Tierhalter weiß, dass es nicht gut ist, ein Tier und seine Besitzer zu trennen. Das löst auf beiden Seiten Leid aus. Besitzer hängen an ihren Tieren, aber auch für Tiere sind ihre festen Bezugspersonen wichtig. Gerade bei sensiblen Tieren kann das zu Gesundheitsschäden führen. Das psychische Leid darf sowohl bei Menschen, als auch bei Tieren nicht unterschätzt werden.

Können Tiere dabei helfen, Ängste abzubauen, die bei Geflüchteten besonders ausgeprägt sein können? Schon wenn das Wort Krieg fällt, fließen die Tränen.

Tiere können einen großen Beitrag dazu leisten, Ängste abzubauen. Darauf basieren ja auch viele tiergestützte Therapien. Gerade bei traumatisierten Menschen wird oft eine Tiertherapie empfohlen.

Die Estabraqs haben zwei Kinder, die an der Grundschule Leisnig lernen – auch Deutsch, Lesen und Schreiben. Inwieweit können Tiere da helfen?

Ich besuche einmal die Woche die Grundschule Grünlichtenberg mit meinem Labrador und meinem Birmakater zur Lesestunde. Dabei habe ich oft beobachten dürfen, was für einen positiven Effekt Tiere auf Kinder haben. Gerade schüchterne ängstliche Kinder öffnen sich den Tieren viel eher als beispielsweise mir. Auch auf das Lernen haben die Tiere einen positiven Effekt. Die Kinder sind in der Gegenwart der Tiere ruhiger und konzentrierter, was gerade bei hibbeligen Kindern auffällt.

Was haben Sie noch festgestellt?

Außerdem fällt es Kindern, die noch nicht so gut lesen können, viel leichter vor den Tieren zu lesen. In der Klasse werden sie vielleicht ausgelacht und ständig korrigiert. Dem Hund und auch dem Kater sind Lesefehler egal. So trauen sich die Kinder viel mehr und auch lauter zu lesen. Dadurch wird das Lesen ganz automatisch besser. Wenn es doch irgendwo an einem Wort hängt, dann „hilft“ das Tier. Ich gehe dann immer mit dem Ohr zur Schnauze und tue so, als ob mir das Tier die Lösung ins Ohr flüstert. So empfinden Kinder Fehler viel weniger schlimm, und es lacht auch keiner.

Inwieweit berührt Sie der „Fall“ der jetzt in Leisnig lebenden Familie?

Das ist eine Geschichte, die sich so wohl nur in Deutschland zutragen kann. Wir regeln uns nochmal kaputt. Ich ging immer davon aus, dass es auch zwischen Asylsuchenden und deutschen Bürgern einen Gleichbehandlungsgrundsatz gibt. Der Familie wünsche ich von ganzem Herzen, dass sie ihre Tiere zurückerhält, wenngleich ich befürchte, dass die behördliche Engstirnigkeit siegt.

Es fragte: Heike Heisig