Fräulein, das klingt nach Bleistiftrock und Dutt-Frisur. Früher war es üblich, im Restaurant „Fräulein, bitte zahlen!“ zu sagen. Oder, aus der Schule kommend, über die Lehrerin zu klagen: „Das Fräulein hat uns eine Strafarbeit aufgegeben“. Wer solche Sätze noch aus dem Alltag kennt, ist sicher im Lesebrillen-Alter.
Vor fast 50 Jahren verschwand die Formulierung offiziell aus dem Amtsdeutsch – auf Geheiß des Bundesinnenministeriums. Über die Anrede wurde im Nachkriegsdeutschland viel diskutiert. Es ging damals um die Frage: Dürfen erwachsene Frauen ohne Trauschein offiziell eine „Frau“ sein? „Fräulein“ stand früher für eine Frau, die nicht verheiratet ist, der Begriff kommt vom mittelhochdeutschen „Vrouwelin“. Zu Goethes Zeiten war das „Fräulein“ noch höheren Ständen vorbehalten. Im Kaiserreich und teils auch später durften Lehrerinnen nicht verheiratet sein, deswegen stand vor der Tafel oft ein „Fräulein“. Mit der Hochzeit war es für Frauen oft selbstverständlich mit dem Beruf vorbei.
Beschwerden häuften sich
Über die Jahre endete diese Sonderbehandlung von Frauen in der Anrede, die Gleichberechtigung machte einen Schritt in die Sprache. Ab 1950 häuften sich im Innenministerium Beschwerden von Frauen, die kein „Fräulein“ mehr sein wollten und sich minderwertig behandelt fühlten.
Mitte der 50er-Jahre notierten die Bonner Journalisten, dass ein „Fräulein“ sich nun auch „Frau“ nennen darf. Am 16. Januar 1972 stellte der damalige Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) in einem Runderlass klar, dass Männer und Frauen in der Anrede nicht unterschiedlich behandelt werden sollten. Im behördlichen Sprachgebrauch sei für jede weibliche Erwachsene die Anrede „Frau“ zu verwenden. Das „Fräulein“ wurde rar, in West wie Ost.
An der Geschichte des Begriffs Fräulein sieht man: Sprache ändert sich stetig und dynamisch. Kann sie von oben verordnet werden? Das Bundesjustizministerium erklärt immerhin schon: Laut Gesetz soll die Gleichstellung von Frauen und Männern in Rechtsvorschriften auch sprachlich ausgedrückt werden. Die Vorschriften geben allerdings nicht vor, wie diese Gleichstellung sprachlich passieren soll. Aus dem Hause von Horst Seehofer heißt es auf Anfrage: „Einen Erlass zur Genderdebatte plant das Bundesinnenministerium nicht.“ (dpa)