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Emeritierter Papst Benedikt XVI. ist tot

Mit seinem Rücktritt schrieb Benedikt XVI. Geschichte. Er war ein brillanter Theologe, aber selten nah an den Menschen. Jetzt steht fest, wo er beerdigt wird.

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Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hält bei einer Messe im Vatikan 2012 das Osterlicht. Im Alter von 95 Jahren ist der gebürtige Bayer gestorben.
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hält bei einer Messe im Vatikan 2012 das Osterlicht. Im Alter von 95 Jahren ist der gebürtige Bayer gestorben. © Serena Cremaschi/ANSA/dpa

Rom. Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist tot. Er starb am Silvestermorgen im Alter von 95 Jahren, nachdem sich sein Gesundheitszustand in den vergangenen Tagen verschlechtert hatte. "Schmerzerfüllt muss ich mitteilen, dass Benedikt XVI., Papst Emeritus, heute um 9.34 Uhr im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan verstorben ist", sagte der Sprecher des Heiligen Stuhls, Matteo Bruni, am Samstag.

Benedikt wird am 5. Januar nach der öffentlichen Trauerfeier auf dem Petersplatz in der Krypta unterhalb des Petersdoms beigesetzt. Das bestätigte der Heilige Stuhl am Samstag. Der Deutsche hatte sich gewünscht, an jener Stelle beigesetzt zu werden, wo Papst Johannes Paul II. nach seinem Tod zunächst seine Ruhestätte fand, ehe er nach der Seligsprechung in eine Kapelle im Petersdom gebracht wurde.

Der Vatikan teilte zugleich weitere Details der Zeremonie am kommenden Donnerstag mit: Das um 9.30 Uhr beginnenden Requiem wird von Papst Franziskus geleitet. Gläubige können der Feier beiwohnen; es seien keine Eintrittskarten für die Veranstaltung unter freiem Himmel nötig.

Nur Delegationen aus Deutschland und Italien eingeladen

Der Vatikan lud nur zwei offizielle Delegation anderer Länder zu der Totenmesse ein, nämlich aus Benedikts Heimat Deutschland und aus Italien. Als Papst war Benedikt automatisch auch Bischof von Rom. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich bereits angekündigt.

Joseph Ratzinger war am 19. April 2005 als Nachfolger von Johannes Paul II. zum Papst gewählt worden - als erster Deutscher seit etwa 480 Jahren. Knapp acht Jahre später trat er in einem spektakulären Schritt als erster Papst seit mehr als 700 Jahren freiwillig zurück. Auf ihn folgte der Argentinier Jorge Bergoglio als Papst Franziskus. Benedikt lebte seitdem zurückgezogen im Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten, wo er nun auch starb.

Gläubige beten für den emeritierten Papst Benedikt XVI. im Kölner Dom.
Gläubige beten für den emeritierten Papst Benedikt XVI. im Kölner Dom. © Federico Gambarini/dpa

Benedikts Gesundheitszustand hatte sich über Weihnachten verschlechtert, wie Papst Franziskus am Mittwoch mitgeteilt hatte. An jenem Tag erhielt Benedikt auch die Krankensalbung, wie Bruni berichtete. In den Tagen danach bezeichnete der Vatikan den Zustand des 95-Jährigen als ernst, aber stabil. Medienberichten zufolge hatten wichtige Vitalfunktionen bei Benedikt nachgelassen.

Der Tod des gebürtigen Bayern sorgte für große Anteilnahme in Deutschland und auch international unter den weltweit etwa 1,4 Milliarden Katholiken. Bundeskanzler Olaf Scholz nannte ihn bei Twitter einen "besonderen Kirchenführer" und schrieb: "Die Welt verliert eine prägende Figur der katholischen Kirche, eine streitbare Persönlichkeit und einen klugen Theologen." Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schrieb: "Die Einheit der Christenheit und der Dialog der Religionen, das Miteinander von Religion und Gesellschaft lagen ihm besonders am Herzen."

In seinem Pontifikat führte Benedikt den konservativen Kurs seines Vorgängers fort. Er stemmte sich gegen eine Modernisierung der Kirche, was ihm viel Kritik einbrachte. Seine Amtszeit wurde von dem Missbrauchsskandal überschattet, der die katholische Kirche in eine tiefe Krise stürzte.

Falschaussage zugegeben

Anfang 2022 geriet auch sein eigener Umgang mit Missbrauchsfällen in der Zeit als Erzbischof von München und Freising in die Schlagzeilen. Ein vom Münchener Erzbistum in Auftrag gegebenes Missbrauchsgutachten warf ihm Fehlverhalten in vier Fällen vor. Benedikt war von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising gewesen.

Kurz nach der Veröffentlichung des Gutachtens musste Benedikt über seinen Privatsekretär Georg Gänswein eine Aussage korrigieren: Entgegen einer ersten Darstellung hatte er demnach 1980 doch an einer wichtigen Sitzung teilgenommen, in der über einen Priester gesprochen worden war, der im Bistum Essen mehrfach wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern auffällig geworden war. Der Fall war deshalb brisant, weil der Priester in Bayern wieder als Seelsorger eingesetzt wurde. In einem öffentlichen Brief entschuldigte sich Benedikt etwas später bei allen Opfern sexuellen Missbrauchs.

Bätzing erinnerte an den Brief, mit dem Benedikt auf das Gutachten reagiert hatte. "Die Betroffenen hat er um Vergebung gebeten und doch blieben Fragen offen", so Bätzing.

Zuvor war es um den Papst im Ruhestand still geworden. Obwohl er bis ins hohe Alter geistig fit war, wie sein Privatsekretär Georg Gänswein immer wieder betonte, baute er körperlich stark ab. Vor ihm starb bereits sein älterer Bruder Georg Ratzinger am 1. Juli 2020 im Alter von 96 Jahren in Regensburg. Benedikt hatte den ehemaligen Kirchenmusiker noch kurz davor am Krankenbett besucht.

Totenglocke in Dresdner Kathedrale läutet

Der Bischof des Bistums Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, hat den verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. als Brückenbauer gewürdigt. "Nach meiner Einschätzung gehört er zu den brillantesten theologischen Lehrern, die die Nachfolge auf dem Stuhl des Heiligen Petrus angetreten haben", sagte der katholische Bischof am Samstag. In der Dresdner Kathedrale wurde mit Bekanntwerden des Ablebens von Papst Benedikt XVI. die Totenglocke geläutet.

Benedikt prägte die katholische Kirche schon vor seinem Pontifikat. Als Präfekt der Glaubenskongregation in Rom hatte Kardinal Ratzinger, geboren am 16. April 1927 im oberbayerischen Marktl am Inn, bereits mehr als 20 Jahre Kirchengeschichte geschrieben. Seine strenge Haltung zu Themen wie Geburtenkontrolle, Abtreibung oder Zölibat lehnten zahlreiche Gläubige insbesondere in Europa ab. In anderen Teilen der katholischen Weltkirche, etwa in Ländern Afrikas und Lateinamerikas, erfuhr die konservative Linie dagegen Unterstützung.

Das Papstamt hatte sich Ratzinger nach eigener Aussage nicht gewünscht, es jedoch akzeptiert, da er dahinter den Willen Gottes vermutete. Die anfängliche Begeisterung der Deutschen ("Wir sind Papst") wie etwa beim Weltjugendtag 2005 wich bald Ernüchterung.

Als erster Papst in einer Synagoge

Immer wieder löste Benedikt Irritationen aus. So trat er 2006 bei einer Rede an der Universität Regensburg mit einem mittelalterlichen Zitat über das Verhältnis des Islam zur Gewalt eine Welle der Empörung in der muslimischen Welt los. Der Vatikan verteidigte ihn damit, dass das ausgekoppelte Zitat völlig aus dem Zusammenhang gerissen worden sei. Unverständnis erregte er auch mit seiner Entscheidung, die Exkommunikation aller vier Bischöfe der rechts gerichteten Pius-Bruderschaft zurückzunehmen - unter ihnen der Holocaust-Leugner Richard Williamson.

Um den fünften Jahrestag seiner Wahl zum Papst kam 2010 der Missbrauch an unzähligen Kindern durch katholische Geistliche ans Licht - und wie dies jahrzehntelang vertuscht worden war. Mit der Forderung nach "null Toleranz" gegen die "Sünde in der Kirche" und der Bitte um Vergebung positionierte sich Benedikt in dieser Krise eindeutig. Klar setzte er sich für Aufklärung, Aufarbeitung und Sühne ein und traf mehrfach mit Missbrauchsopfern zusammen.

Die Deutschland-Fahnen auf dem Dach des Reichstagsgebäudes wehen auf Halbmast, nachdem der Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. bekannt geworden war.
Die Deutschland-Fahnen auf dem Dach des Reichstagsgebäudes wehen auf Halbmast, nachdem der Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. bekannt geworden war. © Paul Zinken/dpa

Benedikt veröffentlichte drei Enzykliken - über die christliche Liebe, die christliche Hoffnung und die "ganzheitliche Entwicklung des Menschen in der Liebe und in der Wahrheit". Er betrat als erster Papst eine Synagoge in Deutschland und sprach im ehemaligen deutschen Vernichtungslager Auschwitz sowie in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Schon in seiner bayerischen Familie war die NS-Ideologie strikt abgelehnt worden.

Rücktritt wegen schwindender Kräfte

Im Rückblick räumte er selbst ein, dass er manchmal nicht nah genug an den Menschen gewesen sei. Den Lasten des Amtes fühlte er sich am Ende nicht mehr gewachsen. Seinen Rücktritt Ende Februar 2013 begründete er mit seinem fortgeschrittenen Alter und seiner angeschlagenen Gesundheit - ihm fehlten die Kräfte für das anspruchsvolle Amt, sagte er.

Der Emeritus versprach, "für die Welt verborgen" zu bleiben. Doch befeuerte er mit Schriften zu heiklen Themen wie Zölibat oder Missbrauch immer wieder Spekulationen, dass er mit dem Kurs seines Nachfolgers Franziskus zumindest in Teilen nicht einverstanden sei.

Öffentliche Auftritte gab es von Benedikt zuletzt nicht mehr. Seinen 90. Geburtstag feierte er 2017 noch einmal mit einer Delegation aus der bayerischen Heimat. Danach konnte er Besuch im Kloster Mater Ecclesiae nur noch vereinzelt empfangen. In den letzten Jahren befand er sich nach eigenen Worten auf einer Pilgerreise "nach Hause". (dpa)