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Erzbischof Heße bietet Papst Rücktritt an

Ein Jahr lang hat der Kölner Kardinal Woelki ein Gutachten zum Umgang mit Missbrauch zurückgehalten. Nun wurde eine neue Untersuchung vorgestellt.

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Stefan Heße, katholischer Erzbischof von Hamburg
Stefan Heße, katholischer Erzbischof von Hamburg © dpa

Köln/Hamburg. Der Strafrechtler Björn Gercke hat dem heutigen Hamburger Erzbischof Stefan Heße elf Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung von Missbrauchsvorwürfen im Erzbistum Köln vorgeworfen. Als Reaktion auf die Vorwürfe bot Hamburgs Erzbischof dem Papst wegen Pflichtverletzungen bei der Aufarbeitung von Missbrauchsvorwürfen seinen Amtsverzicht an.

"Um Schaden vom Amt des Erzbischofs sowie vom Erzbistum Hamburg abzuwenden, biete ich Papst Franziskus meinen Amtsverzicht an und bitte ihn um die sofortige Entbindung von meinen Aufgaben", sagte Heße am Donnerstag in einer persönlichen Erklärung. Beim Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sehen Gercke und sein Team dagegen keine Pflichtverletzungen.

Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln, bei der Vorstellung eines Gutachtens zum Umgang des Erzbistums Köln mit sexuellem Missbrauch.
Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln, bei der Vorstellung eines Gutachtens zum Umgang des Erzbistums Köln mit sexuellem Missbrauch. © AFP POOL

Missbrauch: Hinweise auf 202 Beschuldigte

Insgesamt werden in der 800 Seiten starken Untersuchung, die am Donnerstag vorgestellt wurde, Hinweise auf 202 Beschuldigte festgestellt. Es gehe um das erste Gutachten dieser Art, in dem ungeschwärzt auch die Namen von Verantwortlichen genannt würden, sagte Gercke. Zusammen mit seinem Team hat er in den vergangenen Monaten die Kirchenakten von 1975 bis 2018 ausgewertet.

Die Opfer waren demnach mehrheitlich Jungen. Bei 63 Prozent der Beschuldigten handele es sich um Kleriker, also Priester. In knapp 32 Prozent der Fälle habe es sich um sexuellen Missbrauch gehandelt, in gut 15 Prozent um schweren sexuellen Missbrauch. Die anderen Fälle stuft Gercke unter anderem als Grenzverletzungen und sonstige sexuelle Verfehlungen ein.

Ein erstes Gutachten einer Münchner Kanzlei war vom Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki unter Verschluss gehalten worden, wofür er rechtliche Bedenken anführte. Dieses Verhalten Woelkis hatte eine Vertrauenskrise im größten deutschen Bistum ausgelöst.

Woelki entbindet zwei Mitarbeiter vorläufig von Pflichten

Die Aktenführung des Erzbistums Köln wird in dem Bericht als äußerst mangelhaft kritisiert. "Wir haben erhebliche Mängel im Hinblick auf die Organisation des Aktenbestands sowie der Aktenführung im Erzbistum festgestellt. Wir haben bei einigen Akten den Eindruck gewonnen, dass Aktenbestandteile fehlten, da die Verfahrensführung nicht nachvollziehbar war", sagte er.

Nach der Vorstellung des Gutachtens hat Kardinal Rainer Maria Woelki zwei Mitarbeiter vorläufig von ihren Dienstpflichten entbunden. "Daher möchte ich auch aus der Situation der Stunde heraus und auch auf der Grundlage dessen, was ich hier gerade gehört habe, die gerade Genannten, Weihbischof Schwaderlapp und Herrn Offizial Assenmacher, mit sofortiger Wirkung vorläufig von ihren Aufgaben entbinden", sagte Woelki am Donnerstag in Köln. (dpa)