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Tag der Pressefreiheit: Protest gegen russischen Krieg in der Ukraine

In Leipzig haben Journalisten zum Tag der Pressefreiheit an die getöteten Kollegen in der Ukraine gedacht. Doch selbst Deutschland wurde in der "Rangliste der Pressefreiheit" erneut herabgestuft.

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Die Journalistenverbände aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben am Dienstag gemeinsam vor dem russischen Generalkonsulat in Leipzig demonstriert.
Die Journalistenverbände aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben am Dienstag gemeinsam vor dem russischen Generalkonsulat in Leipzig demonstriert. © Erik-Holm Langhof

Leipzig/Berlin. Die mitteldeutschen Journalisten-Landesverbände haben am Dienstag gemeinsam gegen die Unterdrückung von russischen Journalisten und gegen die Tötung von Medienschaffenden in der Ukraine demonstriert. Vor dem russischen Generalkonsulat in Leipzig versammelten sich am Mittag rund zwei Dutzend Teilnehmer an einer Protestaktion zum Tag der Pressefreiheit.

Die Vorsitzenden der Landesverbände aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen setzten unter anderem mit weißen Schutzanzügen auf dem Boden ein Zeichen für einige der mindestens 24 getöteten Medienschaffenden im Kriegsland. Außerdem unterzeichneten sie im Namen ihrer Mitglieder in Mitteldeutschland einen Protestbrief, der anschließend in den Briefkasten des russischen Generalkonsulats gesteckt wurde.

Zudem kamen ukrainische Journalistinnen zu Sprache, die aus umkämpften Gebieten der Ukraine nach Deutschland geflohen sind und nun von hier ihren Job weiter ausführen. Sie sprachen von den Ereignissen in den Kriegsgebieten und forderten den sofortigen Stopp des russischen Angriffskrieges. Gleiche Protestaktionen gab es den Organisatoren in Leipzig zufolge auch an anderen Konsulaten sowie der russischen Botschaft in Berlin.

Einreise für verfolgte Journalisten soll leichter werden

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat unterdessen angekündigt, verfolgten Journalisten aus Russland den Weg nach Deutschland zu vereinfachen. "Der furchtbare russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist auch ein Informationskrieg, wie wir ihn noch nicht zuvor erlebt haben", sagte die Innenpolitikerin am Dienstag. "Der Kreml versucht seinen verbrecherischen Krieg mit infamen Lügen, mit der Umkehr von Tätern und Opfern und mit der Verdrehung der Geschichte zu rechtfertigen."

Die Aggression gegen die Ukraine werde von immer stärkerer Repression nach innen begleitet, die sich besonders gegen die Presse richte, sagte Faeser. Deutschland wolle russischen Journalistinnen und Journalisten, die verfolgt und bedroht würden, Schutz bieten und die Möglichkeit, von Deutschland aus frei und unabhängig zu berichten. Die Bundesregierung arbeite deshalb im Moment intensiv daran, dies zu ermöglichen.

"Wir wollen die Einreise erleichtern und Verfahren beschleunigen", kündigte die Ministerin an. Um sicher zu sein, dass von diesen vereinfachten Verfahren nicht die Falschen profitierten, soll es laut Faeser aber in jedem Fall eine Überprüfung durch die Sicherheitsbehörden geben.

Rangliste der Pressefreiheit: Deutschland nur noch auf Platz 16

Bereits am Morgen gab die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) bekannt, dass Deutschland in der weltweiten "Rangliste der Pressefreiheit" erneut herabgestuft wurde. Die Bundesrepublik rangiert nun drei Plätze tiefer auf Rang 16 - hinter Ländern wie Litauen, Jamaika und den Seychellen. Die Rangliste wird an diesem Dienstag in Berlin veröffentlicht.

RSF begründete das Abrutschen Deutschlands mit gleich mehreren Negativ-Faktoren. "Für diese Entwicklung sind drei Gründe zentral: eine Gesetzgebung, die Journalistinnen und Journalisten sowie ihre Quellen gefährdet, abnehmende Medienvielfalt sowie allen voran Gewalt bei Demonstrationen."

Die Zahl der gewaltsamen Angriffe habe mit 80 verifizierten Fällen so hoch wie noch nie seit Beginn der Dokumentation im Jahr 2013 gelegen. Bereits im Vorjahr sei mit 65 Fällen ein Negativrekord erreicht worden, so die Organisation.

"Die meisten der Angriffe (52 von 80) ereigneten sich bei Protesten des "Querdenken"-Spektrums gegen Corona-Maßnahmen, an denen regelmäßig gewaltbereite Neonazis und extrem rechte Gruppen teilnahmen. Medienschaffende wurden bespuckt, getreten, bewusstlos geschlagen.

Betroffene klagten häufig über mangelnde Unterstützung durch die Polizei. Zudem wurden 12 Angriffe der Polizei auf die Presse dokumentiert." Hinzu komme eine hohe Dunkelziffer. Neu waren der Analyse zufolge 2021 akustische Angriffe mit Fußballfanfaren.

Deutschland war im vergangenen Jahr erstmals aus der Spitzengruppe geflogen. Seitdem gilt die Lage der Pressefreiheit in unserem Land nicht mehr als "gut", sondern nur noch als "zufriedenstellend". Nach vergleichbarer Methodik gibt es die Aufstellung seit dem Jahr 2013.

Zu den Schlusslichtern unter den 180 Ländern im Vergleich gehört China auf Platz 175, "unter anderem aufgrund nahezu allumfassender Internetzensur und Überwachung sowie Propaganda im In- und Ausland". In Myanmar (176) und Iran(178) sieht es ähnlich finster aus.

Drei totalitäre Regime stehen ganz unten, so RSF: Turkmenistan (177), Eritrea (179) und Nordkorea (180): "Alle drei haben gemeinsam, dass die jeweilige Regierung die komplette Kontrolle über alle Informationsflüsse hält; Raum für Verbesserungen der Pressefreiheit scheint es unter den aktuellen Regimen nicht zu geben." Ganz oben in dem Ranking liegen Norwegen (1), Dänemark (2) und Schweden (3). (dpa mit SZ)