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Was ist in die Unstrut abgetaucht?

In dem Fluss wurde angeblich ein Krokodil gesichtet. Die Suche blieb bislang erfolglos. Wie wahrscheinlich ist es, dass solch ein Reptil hier überleben kann?

Von Sebastian Martin
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Das Tier im Foto lebt anderswo auf der Welt und soll nur einen bildlichen Eindruck vermitteln, wonach man erst im Burgenland- und nun im Kyffhäuserkreis sucht: An der Unstrut soll mehrfach ein Krokodil gesichtet worden sein.
Das Tier im Foto lebt anderswo auf der Welt und soll nur einen bildlichen Eindruck vermitteln, wonach man erst im Burgenland- und nun im Kyffhäuserkreis sucht: An der Unstrut soll mehrfach ein Krokodil gesichtet worden sein. © dpa (2)

Der Aufwand ist enorm. Sogar ein Polizeihubschrauber kommt am Sonntagnachmittag zum Einsatz. Ein aufgeregter Mann berichtete den Beamten zuvor, ein Krokodil am Ufer der Unstrut bei Schönewerda (Kyffhäuserkreis) gesehen zu haben – das Tier habe sogar Pferde aufgescheucht. Es ist der Auftakt zu einer umfangreichen Suchaktion: Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr durchkämmen gemeinsam mit dem Kreisbrandinspektor und einem Vertreter der örtlichen Naturschutzbehörde die Region. 

Um das Gebiet einzugrenzen, werden die Schleusen Ritteburg und Wendelstein geschlossen, Radwege abgesperrt. Die Polizei gibt eine Warnmeldung per App raus. Neben dem Polizeihubschrauber hält eine Drohne der Feuerwehr Ausschau nach dem Reptil. Vergeblich. Auch eine Wärmebildkamera liefert keine Hinweise. Weil ein weiterer Anrufer gegen 18 Uhr das Tier ebenfalls gesehen haben will, geht die Suche trotzdem noch drei Stunden weiter.

Fotofalle mit Futterköder

„Man hat keinerlei Feststellungen in irgendeiner Weise machen können“, wird Polizeisprecherin Fränze Töpfer am Montagmorgen sagen. Mal wieder nicht. Schon Ende August hatten Angler in Sachsen-Anhalt gemeldet, ein Krokodil in der Unstrut gesichtet zu haben. Die groß angelegte Suche nach dem Exoten im Burgenlandkreis wurde dann aber am vergangenen Donnerstag eingestellt.

Im Kyffhäuserkreis dagegen soll jetzt eine ein Futterköder und eine Fotofalle Klarheit bringen, wie Heinz-Ulrich Thiele vom Landratsamt in Sondershausen der Sächsischen Zeitung berichtet. Dies sei ihm zufolge derzeit wohl die einzige Chance, die Existenz eines Krokodils in der Unstrut nachzuweisen. Auch gefundene Kotreste werden überprüft. Ergebnisse liegen aber noch nicht vor.

Oliver Wings, Paläobiologe und Krokodilforscher an der Martin-Luther-Universität in Halle, hält es durchaus für möglich, dass ein Krokodil derzeit in der Unstrut lebt. Schließlich würden Krokodile ab und zu in Deutschland von überforderten Privatbesitzern ausgesetzt werden. Es sei aber recht unwahrscheinlich, sagt Wings der Sächsischen Zeitung. Ihn wundert vor allem, dass es von dem mehr als zwei Meter groß beschriebenen Tier bislang wohl keine Spuren gibt. Fußabdrücke, Liegespuren – all das fehlt offenbar. Und den Experten wundert das von den Anrufern erwähnte offene Maul. Das würden Krokodile eigentlich nur weit aufreißen, wenn es heiß ist oder es schon sehr lange in der Sonne zum Aufwärmen gelegen hat, sagt Wings. Am Sonntag waren es an der Unstrut aber bei Weitem keine 30 Grad Celsius oder mehr, so wie es die Reptilien ihm zufolge lieben. Aber auch mit niedrigeren Temperaturen würden die Krokodile durchaus zurechtkommen, so der Experte. Und mit Fischen oder Enten würden sie auch genug Nahrung hierzulande finden.

Oliver Wings hält es deshalb für richtig, wie die Behörden auf die vermeintlichen Krokodil-Sichtungen reagieren. Der Landkreis Kyffhäuser hat jetzt den Uferbereich der Unstrut gesperrt. „Wir nehmen diese Hinweise sehr ernst“, sagt Landrätin Antje Hochwind-Schneider (SPD). „Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in der betroffenen Region steht auch hier an erster Stelle.“ Der Burgenlandkreis hatte bereits Ende August ein Badeverbot erlassen. Auch der Bootsverkehr wurde teilweise untersagt.

Blitzschnelle Attacken

Ein zwei Meter großes Krokodil könne sehr gefährlich sein, sagt Wings. Kleine Kinder könnten von ihm durchaus angegriffen und ins Wasser gezogen werden. Aber auch Hunde würden ins Beutespektrum passen. Blitzschnell könnten Krokodile meterhoch aus dem Wasser springen und sogar an Land in eine Art Galopp verfallen, erklärt der Experte. Er jedenfalls würde derzeit nicht am Ufer der Unstrut spazieren gehen, bis Klarheit herrsche.

Spätestens mit dem ersten Frost dürfte der Spuk zwischen Thüringen und Sachsen-Anhalt vorbei sein. Denn als wechselwarme Tiere mögen Krokodile überhaupt keine Kälte. Dann könnten sie sich nur noch bedingt bewegen, nur noch schlecht verdauen und würden sterben, sagt Oliver Wings. Etwas anders wäre es, wenn es sich bei dem vermeintlich an der Unstrut gesichteten Reptil um einen Alligator handeln würde. Die könnten durchaus wenige Tage Frost überleben, allerdings auch keinen ganzen Winter. (mit dpa)