Merken

Die B 169 und die Feldlerche

Ein Umweltverband signalisiert beim Weiterbau des Autobahnzubringers Zustimmung. Ein anderer bleibt dagegen hart.

Von Christoph Scharf
 3 Min.
Teilen
Folgen
Vogel kontra Straßenbau: Die Feldlerche wurde gerade erst zum Vogel des Jahres 2019 ausgerufen. Allerdings lebt sie auch dort, wo künftig der 3. Bauabschnitt der B 169 gebaut werden soll. Dieser beginnt bei Seerhausen
Vogel kontra Straßenbau: Die Feldlerche wurde gerade erst zum Vogel des Jahres 2019 ausgerufen. Allerdings lebt sie auch dort, wo künftig der 3. Bauabschnitt der B 169 gebaut werden soll. Dieser beginnt bei Seerhausen © NABU/dpa

Riesa. Sie ist nicht gerade der Paradiesvogel unter den heimischen Brutvögeln. Bis auf die markante Haube auf dem Kopf wirkt die Feldlerche eher unscheinbar. Und dennoch wurde sie erst kürzlich vom Naturschutzverband Nabu zum Vogel des Jahres 2019 ausgerufen – zum zweiten Mal nach 1998. Schon damals habe man gewarnt, dass die Feldlerche in vielen Gebieten Deutschlands selten oder gar aussterben wird; seitdem ist laut Nabu mehr als jede vierte Feldlerche aus dem Brutbestand in Deutschland verschwunden.

Auch ein anderer Naturschutzverband hat den Bodenbrüter im Blick: In einer Stellungnahme der Grünen Liga Sachsen zum laufenden Planfeststellungsverfahren heißt es, der geplante 3. Bauabschnitt der B 169 zwischen Salbitz und Seerhausen zerschneide und bedrohe das Habitat der Feldlerche und anderer Vögel.

Der Verband lobt zwar, dass für die Feldlerche Ausgleichsmaßnahmen geplant sind, diese müssten allerdings eher auf nässeren Ackerflächen angelegt werden. Dann könnte davon auch der Kiebitz profitieren – der auf dem Gebiet bisher nur rastet, aber auch dort brüten könnte. Außerdem gelte es, bei den sogenannten Feldlerchenstreifen auf den Verlauf von Freileitungen zu achten: Dort sitzen erfahrungsgemäß gern Greifvögel und lauern auf Beute – zum Nachteil der Feldlerche.

Das Hauptproblem beim geplanten Weiterbau der B 169 liegt laut Grüner Liga aber woanders. „Die Behörden wollen dort 15 Hektar Fläche versiegeln – und nicht genug Ausgleich schaffen“, sagt Tobias Mehnert, Chef der Grünen Liga Sachsen. Ideal wäre es grundsätzlich, alte Industriebrachen oder nicht mehr benötigte Straßenverkehrsflächen zu entsiegeln. 

Damit ließen sich auch die sonst anfallenden Unterhaltskosten sparen. Das setzt allerdings voraus, dass solche Flächen dort vorhanden sind. Denn es gelte, den Wasserhaushalt vor Ort – im Einflussgebiet der Jahna – möglichst ausgeglichen zu halten. Tatsächlich aber seien für die B 169 Regenrückhaltebecken geplant, die das Wasser – wenn auch gedrosselt – aus dem Gebiet ableiten. Die Alternative sei, bisher landwirtschaftlich genutzte Flächen in Wald umwandeln: Der halte deutlich mehr Wasser im Boden zurück als Ackerland. 

Allerdings genüge es nicht, pro Hektar versiegeltem Acker einen Hektar Wiese in Wald zu verwandeln. Tatsächlich müssten dann pro Hektar versiegelter Fläche drei Hektar Wiese in Wald umgewandelt werden. Und zwar im Einzugsgebiet der Jahna – dazu würden bereits geplante Ausgleichsmaßnahmen nichts beitragen.

Es dürfte allerdings schwierig werden, vor Ort landwirtschaftliche Flächen zu finden, die sich in Wald verwandeln lassen. Denn auch vom B-169-Bau betroffenen Grundeigentümer und Landwirte monieren, dass die geplante Trasse ihnen Fläche wegnimmt.

Die Grüne Liga verweist darauf, dass die Überflutungsgefahr steigt, je mehr Boden versiegelt wird – weil dann nicht genug Regenwasser versickern kann. Gleichzeitig seien naturnahe Feuchtgebiete aber auch wegen der zunehmenden Trockenheit wichtig, weil das Wasser länger im Boden gehalten wird und so Trockenperioden besser überstanden werden. 

Ganz grundsätzlich kritisiert Tobias Mehnert, dass die Ausgleichsflächen nur auf 25 Jahre festgeschrieben sind. „Als ob die Straße nach 25 Jahren abgerissen würde“, sagt Sachsens Grüne-Liga-Chef. Immerhin lobt der Verband beim 3. Bauabschnitt der B 169, dass die Trasse bereits umgeplant wurde, um bei Raitzen mehr Rücksicht auf Vogel-Habitate zu nehmen. 

Ein benachbarter Windpark und die Biogasanlage dort würden die Eignung der Landschaft als Habitat bereits ohnehin mindern. „Manche Straßenprojekte lehnen wir grundsätzlich ab“, erklärt Tobias Mehnert. „Die B 169 gehört nicht dazu.“

Lesen Sie auch: Ein mehr als aufwendiges VerfahrenKommentar: Hauptschuldiger ist jemand anderes