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Die Band, die immer wiederkommt

Es ist wie im Märchen von Hase und Igel – kaum glaubt man die Band in einer anderen Stadt, taucht sie an verschiedenen Punkten in Dresden wieder auf. Die Straßenmusiker lärmen weiter, vom Rathaus ist aber nichts zu hören.

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© René Meinig

Von Julia Vollmer

Sie sind wieder da. Nachdem Händler und Anwohner der Prager Straße beinahe zwei Wochen Ruhe hatten, ist die osteuropäische Familie Anfang der vergangenen Woche erneut in der Innenstadt aufgetaucht. Und dort spielen sie bis heute wieder täglich. Im Gepäck: immer noch die zwei gleichen Songs. Während sie sich bisher nicht an die Regeln gehalten haben, spielen sie nun meist ganz konform je zur vollen und zur halben Stunde. Immer noch viel zu hoch ist allerdings die Lautstärke. Die SZ hat auf der Prager Straße direkt neben der Band 78 Dezibel gemessen, in den angrenzenden Geschäften immer noch 75. Ab 85 Dezibel gelten Geräusche als sehr laut und gesundheitsgefährdend. Laut Lärmaktionsplan für die Stadt sollen eigentlich 65 Dezibel am Tag und 55 in der Nacht nicht überschritten werden. „Die große Familie teilt sich oft einfach in drei Teile auf, besetzt verschiedene Plätze in der Innenstadt. Das Ordnungsamt hat wenig Handhabe“, so City-Manager Jürgen Wolf. Anwohner, Händler und Stadträte warten jetzt auf den angekündigten Lösungsvorschlag der Stadtverwaltung.

30. Juni – diesen Termin hatte das Rathaus allen Entnervten gesagt. Bis zu diesem Tag sollte eine neue Vorlage auf den Tisch kommen, wie man das Problem mit den lärmenden Straßenmusikern lösen könnte. Jetzt ist das Datum längst verstrichen und es gibt weiter keine Idee aus dem Rathaus. Das Papier werde derzeit noch mit Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) abgestimmt, heißt es aus dem Rathaus. Sobald die Vorlage fertig ist, werde sie der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach SZ-Informationen will sich Baubürgermeister Schmidt-Lamontain in diesem heiklen Fall nicht auf Straßen- und Tiefbauamtsleiter Reinhard Koettnitz verlassen und den Vorschlag selbst durchwinken.

Dresden tut sich sichtlich schwer mit einer Regelung für die Musiker. Doch wie machen das eigentlich andere Städte? In Leipzig, Rostock, Erfurt und Chemnitz brauchen Straßenmusiker keine Genehmigung. Die Städte verlassen sich auf den Anstand der Musiker. Es gibt „Bitten“ aus dem Rathaus, keine Gesetze. In Leipzig werden die Bands gebeten, aller halbe Stunde mindestens 100 Meter weiter zu wechseln, bei lauten Instrumenten nach 15 Minuten. Genauso hält es bisher auch Rostock. Die Hansestadt überlegt allerdings gerade, härter durchzugreifen. Auch in der dortigen Innenstadt nerven die Musiker zunehmend die Händler. Erfurt hat eine sogenannte „Stadtordnung“ erlassen. Diese regelt, dass die Bands aller 20 Minuten den Ort wechseln müssen. Mindestens 200 Meter weit sollen sie dann rutschen.

Auffällig ist, dass alle vier Städte wesentlich höhere Strafen verhängen als Dresden. Das hiesige Ordnungsamt verlangt zwischen 10 und 20 Euro. Erfurt bittet Straßenmusiker, die sich nicht an die Regeln halten mit 40 Euro zur Kasse. In Chemnitz werden bis zu 1 000 Euro fällig, in Rostock gar bis zu 5 000 Euro. Leipzig verteilt für Verstöße gegen die Regeln Knöllchen im Wert von bis zu 500 Euro, dreht eine Straßenmusikband die Verstärker zu weit hoch, kostet das 40 Euro.

An der Bußgeldhöhe will City-Manager Jürgen Wolf nichts verändern, das liegt nicht in seiner Hand. Er hatte aber für Freitag Politiker, Gewerbetreibende und Anwohner zu einem Runden Tisch eingeladen. Zusammen sollte nach Lösungen gesucht werden. Das Gespräch verschiebt Wolf jetzt auf Herbst. Die Verwaltung hatte gebeten, zu warten, bis die Vorlage tatsächlich auf dem Tisch liegt.