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Die Bauabnahme des Traumhauses

... scheint nur noch eine Formsache kurz vor dem Einzug zu sein. Doch sie ist neben der Vertragsunterzeichnung der rechtlich gravierendste Schritt.

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Bei der Bauabnahme überreichen die Baufirmen dem Kunden oft wichtige Unterlagen - beispielsweise die Bedienungsanleitung für die Heizungsanlage.
Bei der Bauabnahme überreichen die Baufirmen dem Kunden oft wichtige Unterlagen - beispielsweise die Bedienungsanleitung für die Heizungsanlage. © dpa/Bauherren-Schutzbund e.V.

Am Ende soll es immer schnell gehen: Bauherren wollen zeitnah in das fertige Eigenheim einziehen. Die alte Mietwohnung ist gekündigt, eine Einbauküche bestellt - und alle fiebern mit Vorfreude dem Umzug entgegen. Die Abnahme des Bauwerks wird dann mitunter nur noch als Formsache betrachtet. Florian Becker vom Bauherren-Schutzbund aber warnt: "Das ist ein großer Fehler."

"Die Bauabnahme ist ein entscheidender Wendepunkt für Bauherr und Unternehmen", so Becker. Damit bestätigt der Bauherr, dass das Bauwerk mängelfrei und vertragsgerecht hergestellt wurde. "Mit dem Tag der Abnahme kehrt sich die Beweislast um."

Nun ist nicht mehr das Bauunternehmen von vorn herein für die Beseitigung von Mängeln verantwortlich. "Jetzt muss der Bauherr beweisen, dass neu aufgetretene, nicht gerügte Mängel an der Bauleistung vom Bauunternehmer verursacht wurden", erklärt Becker.

Die Bauabnahme hat rechtliche Folgen

Auch das Risiko der Beschädigung oder Zerstörung des Gebäudes durch äußere Einflüsse geht vom Bauunternehmer an den Bauherren über. Zudem beginnt die fünfjährige Gewährleistungsfrist für Mängelansprüche - und die Schlussrechnung wird fällig.

Zudem: Bei der Abnahme überreichen die Baufirmen dem Kunden in der Regel wichtige Unterlagen für den Betrieb der technischen Anlagen. "Dazu gehören Bedienungsanleitungen für die Heizungsanlage, Wartungsverzeichnisse und Ähnliches", sagt Alexander Lyssoudis von der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau.

Nimmt der Bauherr diesen Termin zur Bauabnahme nicht ernst und auch nicht wahr, kann die Baufirma diese ohne ihn durchführen. Denn: Es ist eine originäre vertragliche Pflicht des Bauherren, das fertig gestellte Werk entgegenzunehmen und danach die Schlussrechnung an die Baufirma zu überweisen. "Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann der Bauunternehmer eine Abnahmefiktion erwirken", erklärt Sabine von Berchem, Justiziarin beim Verband Beratender Ingenieure.

Mit der Bauabnahme bestätigt der Bauherr, dass das Gebäude mängelfrei ist - damit kehrt sich die Beweislast um.
Mit der Bauabnahme bestätigt der Bauherr, dass das Gebäude mängelfrei ist - damit kehrt sich die Beweislast um. © dpa/Bauherren-Schutzbund e.V.

Bauunternehmer kann Abnahme durchsetzen

Dafür setzt der Unternehmer eine angemessene Frist zur Abnahme. Er darf im Vorfeld eine gemeinsame Zustandsfeststellung verlangen und dazu auch selbst den Termin festsetzen. Ziel ist es, eventuelle Mängel aufzulisten, die vor der Abnahme noch beseitigt werden müssen. "Wenn der Bauherr nicht auf die Aufforderung reagiert, gilt die Abnahme als erfolgt."

Auch sogenanntes schlüssiges Verhalten kann als Bauabnahme gewertet werden. "Wenn die neue Küche schon eingebaut wird und die Möbel in den Zimmern stehen, kann das als Einzug in das Haus betrachtet werden. Und damit gilt das Bauwerk als abgenommen, selbst wenn Mängel vorliegen", erläutert Becker. Es ist also durchaus sinnvoll, als Bauherr die förmliche Bauabnahme persönlich durchzuführen.

Sie ist eine Begehung des Bauwerks gemeinsam mit dem Bauunternehmer. Fallen dabei Mängel auf, werden sie in einem Protokoll erfasst und Termine für die Beseitigung vereinbart. Der Unternehmer muss dafür sorgen, dass sie umgehend beseitigt werden. Danach wird ein neuer Abnahmetermin anberaumt.

"Eine Bauabnahme kann sich über eine längere Zeit hinziehen, wenn immer wieder Mängel beanstandet werden", erklärt Becker. Bauherren sollten sich aber nicht unter Zeitdruck setzen lassen und ein Werk abnehmen, das nicht einwandfrei ist. "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit."

Es gibt aber ein paar Wege, den Prozess zu beschleunigen. Eine Möglichkeit ist die Bauabnahme unter Mängelvorbehalt. "Dabei wird die Abnahme im Großen und Ganzen bestätigt, aber offene Punkte benannt", erläutert Lyssoudis. "Damit kann der Bauherr in sein Haus einziehen und das Unternehmen hat Zeit, die genannten Mängel zu beseitigen."

Auch eine Vor- oder Teilabnahme ist möglich. "Das wird oft während des Bauprozesses gemacht, wenn eventuelle Mängel später nicht mehr erkennbar wären, weil die Bauteile beim weiteren Bauverlauf nicht mehr zu sehen sind", so der Bauingenieur. "Ein Klassiker dafür ist die Fußbodenheizung, über die später der Fußboden verlegt wird."

Umkehr der Beweislast

Aber Vorsicht: Auch bei Vor- oder Teilabnahmen gilt die Umkehr der Beweislast. "Wird zum Beispiel das Bad schon im Vorfeld abgenommen, geht es in das Eigentum des Bauherren über. Fällt dann einem Mitarbeiter ein schwerer Gegenstand in die Badewanne und sie wird beschädigt, ist das nicht mehr Sache der Baufirma, sondern des Bauherren", warnt Lyssoudis.

"Das neue Bauvertragsrecht, das für alle seit 1. Januar 2018 neu abgeschlossenen Verträge gilt, hat in Bezug auf die Bauabnahme einige Vorteile für Bauherren", meint Becker. "So konnten sie früher die fiktive Abnahme, also die Abnahme durch Ablauf einer vom Bauunternehmen gesetzten Frist, nur dann verhindern, wenn wesentliche Mängel vorlagen. Heute genügt dafür schon die Benennung eines einfachen Mangels."

Weiterhin muss jetzt die letzte Ratenzahlung, die nach der Abnahme fällig wird, mindestens zehn Prozent des Gesamtpreises betragen. Vorher waren es gerade einmal zwei Prozent. "Die Schlussrate ist ein probates Mittel, um das Bauunternehmen zur unverzüglichen Beseitigung der Mängel zu animieren", sagt Becker. "Und wenn jetzt bis zu zehn Prozent des Gesamtpreises bis zur Mangelbeseitigung zurückbehalten werden können, wirkt das eben mehr als nur zwei Prozent." (dpa)