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Die Bauretter

Wolfram Zylla kaufte die Villa in der Dehsaer Straße in Löbau. Die höchsten Kosten nahm ihm die öffentliche Hand ab.

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© Markus van Appeldorn

Von Markus van Appeldorn

Die einst so stolze Unternehmervilla gab‘s am Ende zum Schleuderpreis: 42 000 Euro. Das war der Verkehrswert, mit dem die Villa in der Dehsaer Straße im Januar 2015 bei einem Zwangsversteigerungstermin zum Aufruf kam. Aber selbst für dieses Geld wollte keiner die über 110 Jahre alte denkmalgeschützte Ruine anpacken. Im September nun schließlich war Wolfram Zylla als Käufer und Retter auf den Plan getreten. Der hessische Unternehmer besitzt und saniert bereits den Löbauer Bahnhof. Doch der eigentliche Kaufpreis der Villa machte im Grunde bloß eine Stelle hinter dem Komma aus. Das große Geld verbarg sich in Form von Belastungen im Grundbuch. „Das Grundbuch war zugeballert mit Grundschulden“, sagt Zylla der SZ.

Dass es für den Kummerkasten nun wieder ein Morgenrot gibt, ist laut Zylla vornehmlich dem Zutun von Behörden, Kommunen, Verbänden und einer Bank zu verdanken. „Die haben alle großartig gearbeitet“, lobt Zylla. Nur Wochen hätten zwischen dem Erstkontakt im August und der Vertragsunterschrift im September gelegen. In dieser Zeit hätten die Behörden ordentlich Licht ins Grundbuch gebracht.

Da seien zum einen zahlreiche Eigentümergrundschuldbriefe. „Die Erbin eines Voreigentümers hatte das Eigentum an der Villa aufgegeben“, erklärt Zylla der SZ. Infolgedessen sei das Eigentum an den Freistaat Sachsen gefallen, von dem Zylla die Immobilie schließlich erwarb. Allerdings war sie in Besitz jener Grundschuldbriefe geblieben. Wer solche Briefe besitzt, kann im Grunde bei einer Bank das Grundstück als Kreditsicherheit einsetzen – ganz gleich, ob ihm die Immobilie gehört oder nicht. „Das Sächsische Immobilienmanagement hat diese Briefe über Grundschulden in Höhe von 327 000 Mark tatsächlich aufgetrieben“, sagt Zylla. Dadurch drohten keine überraschenden Forderungen mehr.

Im ersten Grundbuchrang stand allerdings eine gewaltige Forderung. „647 000 Mark waren da auf eine Bank eingetragen. Wahrscheinlich als ursprüngliche Absicherung des Kaufpreises“, sagt Zylla. Diese Bank habe im Jahr 2015 auch die erfolglose Zwangsversteigerung betrieben. „Die Denkmalschutzbehörde des Landkreises hat erreicht, dass die Bank auf rund die Hälfte ihrer Forderung verzichtet hat. Das Amt hat ausgehandelt, was ich noch zahlen muss“, sagt Wolfram Zylla. Gegen die Zahlung der verbliebenen rund 170 000 Euro habe die Bank ihren Forderungsrang im Grundbuch geräumt.

Auch die Stadt Löbau habe seinerzeit eine Zwangssicherungshypothek ins Grundbuch eintragen lassen. Zu diesem Mittel greifen Behörden oder Kommunen regelmäßig, wenn etwa eine Grundsteuer oder andere kommunale Forderungen nicht gezahlt werden. „Die Stadt Löbau hat der Löschung der Hypothek zugestimmt“, sagt Zylla. Bei der Stadt will man sich auf SZ-Anfrage zu dem Vorgang nicht äußern, dementiert aber auch nicht.

Schließlich gab es noch eine weitere Zwangssicherungshypothek, die der Abwasserzweckverband Löbau Nord erwirkt hatte. Rosenbachs Bürgermeister Roland Höhne (CDU) bestätigt als Verbands-Chef der SZ gegenüber die Löschungsbewilligung der Hypothek. „Das war ja mehr oder weniger die Bedingung des Käufers für den Kauf, dass diese Hypothek verschwindet“, sagt er. Weniger als 20 000 Euro betrage die Forderung des Abwasserverbandes. Natürlich müsse man als Verband sorgsam mit öffentlichen Geldern umgehen, aber: „Da sind viele Gläubiger mitgegangen, um die Villa zu retten. Wir haben im Verwaltungsrat beschlossen, dass die Rettung Vorrang hat.“ Darüber hinaus mutmaßt Höhne, dass der Abwasserzweckverband nie etwas von seiner Forderung gesehen hätte, wenn die Villa weiter verfallen wäre. „In einer Zwangsversteigerung bekämen wir vielleicht eine Quote von drei Euro“, beschreibt Höhne den Umstand, dass so eine Zwangssicherungshypothek faktisch in der Regel wertlos ist. Nun sei sichergestellt, dass der Verband wenigstens in Zukunft wieder Abwassergebühren erhalte.