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Die Brillis des Waldes

Die Forstleute schicken edelste Stämme aus dem Osterzgebirge zur Holzbörse. Was die Bäume so besonders macht.

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© Egbert Kamprath

Von Mandy Schaks

Osterzgebirge. Prüfend fährt David Herold mit der Hand über den Baumstamm. Der junge Leiter des Forstreviers Bärenfels tastet vorsichtig wie ein Arzt den Holzkörper ab, sucht nach Auffälligkeiten, nach Beulen zum Beispiel, Rissen oder Flecken. „Man kann ja nicht reingucken“, sagt er und stupst mit dem Finger an eine winzige Stelle, die ein bisschen feucht aussieht. Sein geschultes Auge hat sofort gesehen: Da ist ein kleiner Faulfleck. „Der kann entstehen, wenn die Rinde verletzt wird, zum Beispiel durch Sturm, Wild oder Technik, und Bakterien reinkommen“, erläutert der Diplom-Forstingenieur.

Sein Blick wandert über den Holzlagerplatz im Schmiedeberger Pöbeltal. Die Baumstämme, die er hier im Spätherbst in der Gegend mit seinen vier Waldarbeitern eingeschlagen hat, liegen fein gestapelt und sortiert nach Qualität. Dort Schicht- und Brennholz, da Sägeholz.

Doch seine ganze Aufmerksamkeit ist auf 13 Fichtenstämme gerichtet, die mächtig gewaltig in Reih und Glied vor seinen Füßen liegen. Das sind seine Auserwählten, edle Hölzer, die er noch vorm Wintereinbruch aus seinem Revier herausholen konnte. Das sind sozusagen die Brillanten des Waldes. David Herold schiebt sich seinen Hut in den Nacken und lächelt zufrieden. „Wir haben die Fichten auch noch bisschen schick gemacht“, sagt er und streicht über den makellosen Kopf des Stammes, den die Forstleute in Form gebracht haben. Die Späne ringeln sich auf dem feuchten Boden und versprühen einen herben Duft von frischem Holz. „Wir müssen die Stämme ja auch bissel präsentieren“, sagt David Herold. Schließlich sollen sie an die Holzbörse gehen.

Ihren Weg haben die 13 Kolosse inzwischen längst in die Dresdner Heide angetreten. Der Forstbezirk Bärenfels wählte insgesamt 20 Kubikmeter Fichtenstämme aus den Forstrevieren Schellerhau, Rehefeld und Bärenfels aus, die zur Säge- und Wertholzsubmission am 18. Januar unter den Hammer kommen. Aus dem Tharandter Wald wurden noch rund zehn Kubikmeter Vogelkirsche, Lärche und Roteiche ausgesucht. „Ein verschwindend geringer Anteil“, erklärt Kristina Funke von der Forstzentrale in Bärenfels.

Zum Vergleich: Im Forstbezirk wurden im Vorjahr insgesamt 130 000 Kubikmeter Holz eingeschlagen. „Das zeigt deutlich die hohen Anforderungen, die an Submissionsholz gestellt werden.“ Die Stämme müssen möglichst makellos sein, astfrei, besonders gerade und gleichmäßig gewachsen – und dick. „Die Stärke kann schon einige Holzfehler schlagen“, weiß David Herold. Und da kann er sich nicht beklagen. „Das war ein gutes Jahr“, sagt er. Ein bisschen Stolz und Respekt vor der Arbeit der Altvorderen schwingen in der Stimme des 26-Jährigen mit, wenn er sagt: „Wir ernten die Arbeit von drei Generationen.“

Er hat das Glück, in seinem Revier so etwas wie den Schönfelder Hang zu haben. „Das war einer der Versuchsbereiche, wo auch älteres Holz stehenbleiben konnte“, erläutert er. Vorratspflegliche Waldwirtschaft nennen das Experten. Hermann Krutzsch brachte diese Gedanken ins Osterzgebirge, gilt als Vorreiter der naturnahen Waldwirtschaft. Um den Wald leben zu lassen und trotzdem ernten zu können, braucht es viel Geduld. „Man muss mindestens 140 Jahre warten“, sagt David Herold, „dabei immer wieder pflegen.“ Was die besonderen Bärenfelser Hölzer bei der Versteigerung bringen, weiß er nicht. Das hängt vom Käufer ab. Orgelbauer haben schon zugegriffen, Spielzeug- und Möbelhersteller genauso wie Räuchermännelproduzenten. „Auf jeden Fall lohnt sich das für uns“, sagt er. Es werden höhere Preise erzielt als beim Verkauf vor Ort. „Und es ist auch bissel ein Aushängeschild für uns.“