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Die Drei von der Farbstelle

Farben-Scholze ist in Görlitz eine unternehmerische Institution. Jetzt feierte das Geschäft 90. Jubiläum. Und es läuft.

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Von Matthias Klaus

Görlitz. Eigentlich hat sie ja nichts mehr zu sagen im Geschäft. Oder zumindest weniger. Meint sie jedenfalls. Und erzählt dann doch noch ganz viel: Karin Hartert, Farben-Scholze Görlitz. Eine Institution in der Stadt. „Ja“, schmunzelt Karin Hartert, „wir waren in dieser Branche schon das erste Haus am Platze in Görlitz.“ 70 Jahre alt ist sie gerade geworden. Das Geschäft, jetzt an der Rauschwalder Straße 41, wurde fast zur gleichen Zeit 90 Jahre. „Naja, und da das so gut beieinanderliegt, haben wir nur einmal groß gefeiert“, lacht Karin Hartert. Den Job als Chefin hat sie inzwischen abgegeben, offiziell jedenfalls. Inoffiziell schaut sie aber wohl doch noch gerne den Töchtern Silke und Kristina über die Schultern. „Ich bezeichne mich als Aushilfe“, sagt Karin Hartert.

So sah Farben-Scholze früher aus: Zu DDR-Zeiten gehörte das Unternehmen zum Kontaktring, war Kommissionär der HO.
So sah Farben-Scholze früher aus: Zu DDR-Zeiten gehörte das Unternehmen zum Kontaktring, war Kommissionär der HO. © pawelsosnowski.com
Ein Foto aus früheren Zeiten.
Ein Foto aus früheren Zeiten. © pawelsosnowski.com

Sie ist ein Farbenmensch. Die Expertin redet über den Vorteil von Firnis auf Holz aus DDR-Zeiten, den Wetterschutzanstrichen der Gegenwart, über Görlitzer Fassaden, von denen ihr manche viel zu Grau erscheinen. „Ich wünsche mir mehr helle Farben. Es muss nicht weiß sein, aber Pastelltöne, die finde ich gut“, sagt Karin Hartert. Was da der Denkmalschutz sagt? Sie winkt ab. „Da habe ich schon meine ganz eigenen Erfahrungen“, sagt die Seniorchefin. Und es waren nicht immer gute, lässt sie durchblicken. Nach dem Tod ihres Mannes 2010 hatte Karin Hartert daran gedacht, den Laden dichtzumachen. Aber da waren noch ihre beiden Töchter. Die wollten das nicht. Heute gehören neben Bombardier und Siemens Autohäuser aus der Gegend zu ihren Kunden, der Maschinenbau aus Schöpstal, Privatleute kommen. Ein Renner: Mopedlack fürs S 50, S 51. „Ein kleines Bisschen hab ich noch“, verrät Karin Hartert. „Außerdem haben die Segler uns entdeckt, die vom Berzdorfer See, aber auch aus Bärwalde“, sagt sie. Ein Zwischenruf aus dem Büro nebenan stoppt sie. „Wir reden nicht über Kunden“, schimpft Tochter Kristina. Sie hat gerade schwierige Verhandlungen per Telefon am Ohr, ein Paket, das endlich ankommen soll, wird erwartet. Denn neben Lacken und Farben aller Art ist der Paketdienst für das Unternehmen ein zweites Standbein. Zuweilen kein Einfaches. Mehrmals stand schon der Zoll auf der Schwelle des Geschäftes. Es ging in diesen Fällen um Zigarettenschmuggel über den Weg des Paketdienstes.

„Jaja.“ Karin Hartert sieht das Ganze offensichtlich inzwischen etwas entspannter, wobei sie gerade die Aktionen mit Handschellen und bewaffneten Beamten doch mitgenommen haben, sagt sie. Karin Hartert war seit 1987 Geschäftsführerin. 1928 gründete der Kaufmann Paul Scholze an der Brautwiesenstraße ein Farbengeschäft. 20 Quadratmeter war es groß. Nur seine Ehefrau half. Das Geschäft wuchs. Ein paar Jahre später folgte der Umzug in die ehemalige Gaststätte Brautwiesenstraße 31. Mitte der 1950er Jahre beschäftigte Farben-Scholze drei Angestellte.

Sie belieferten Maler, Handwerksbetriebe, Privatkunden. DDR, Wende –  das Geschäft hat viele Umbrüche er- und überlebt. Karin Hartert stieg in der dritten Generation als Fachverkäuferin ein. Wie läuft es heute? Die Seniorchefin ist ein bisschen skeptisch. „Es gibt immer ein Auf und ein Ab“, sagt sie. Die Zahlungsmoral, gerade großer Kunden, ärgert sie zuweilen. Zudem gab es Probleme, mit denen man als Geschäftsinhaberin nicht unbedingt rechnet. Drei Einbrüche beispielsweise, der jüngste war 2010. „Die Diebe haben unter anderem unsere Computer gestohlen“, sagt Karin Hartert. Ein schwerer Schlag für das Unternehmen, sind doch die Daten der Farben, die Kunden sich per computergesteuerter Mischmaschine zusammenstellen ließen, darin gespeichert. „Aber ich hatte ja noch meine Aufzeichnungen. Die habe ich dann den Töchtern wieder in die neuen Rechner diktiert“, schmunzelt Karin Hartert.

Wie es weitergeht mit Farben-Scholze in Görlitz? „Abwarten“, sagt Karin Hartert. Und nickt mit dem Kopf in Richtung Bürotür. Dahinter telefoniert gerade wieder ihre Tochter mit Kunden.