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Die Erben des Wunderhengstes

Die Totilas-Nachfolger drängen in die Dressur. Für 130 000 Euro wechselt ein Sohn den Besitzer.

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© dpa/Uwe Anspach

Von Nikolaj Stobbe

Knapp drei Jahre nach seinem tragischen Aus macht das Wunderpferd Totilas wieder von sich reden – oder vielmehr ein Nachfolger. Tu Le Merite, ein fünfjähriger Sohn des teuersten Dressurpferdes der Welt, erzielte bei einer Wohltätigkeits-Auktion einen Betrag von 130 000 Euro.

„Das ist ein prächtiges Pferd mit sehr guten Veranlagungen“, sagte der ehemalige Eigentümer Paul Schockemöhle. Er stellte den Wallach für den guten Zweck bereit. „Totilas-Nachkommen sind vital und ehrgeizig.“ Neue Besitzerin ist die brasilianische Pferdenärrin Tanja Wald. Sie verfolgt ehrgeizige Ziele. Olympia-Reiterin Adrienne Lyle aus den USA soll den prominenten Erben in die Weltelite führen.

Der Name Totilas bleibt ein Versprechen für große Dressurkunst und lässt die Fantasie der Anleger blühen. Der Rapphengst aus den Niederlanden brach mit seinem Vermögen und seiner Ausstrahlung unter Edward Gal alle Weltrekorde, bevor der einstige Springreiter Schockemöhle ihn 2010 für geschätzte zehn Millionen Euro nach Deutschland holte.

Inzwischen hat das Millionenpferd etwa 400 Nachkommen. In den ersten Jahren lag die Decktaxe im Erfolgsfall bei 8 000 Euro. Mittlerweile gibt es den Samen für 2 500 Euro. „Er ist jetzt 18 Jahre alt. Hoffentlich deckt er noch mit 23, 24 Jahren“, sagt Europas größter Pferdehändler über das Ausnahmepferd Totilas.

Bernadette Brune ist eine der Züchterinnen, die sich Erben von Totilas gesichert haben. Fünf Nachkommen stehen auf den Weiden der B-Kaderreiterin im Oldenburger Land. „Es sind alles Spitzenpferde“, sagt die Unternehmerin. „Sie sind leistungsbereit, sehr lieb und zeigen sich gern dem Publikum.“ Ihr ganzer Stolz ist der ebenfalls lackschwarze Tolegro, den sie bekam, als das Fohlen gerade drei Tage alt war. „Ein absolutes Weltpferd“, schwärmt die Reiterin. Schon bald soll der jetzt Siebenjährige die ersten Turniere in der Nachwuchsrunde des Nürnberger Burgpokals bestreiten.

Das Besondere an Tolegro: Er zählt neben Totilas ein weiteres Weltpferd zu seinen Ahnen: Valegro, in den vergangenen Jahren Olympiasieger, Welt- und Europameister unter der britischen Dressurreiterin Charlotte Dujardin. „Totilas und Valegro in einem Pferd vereint – da lag der Name auf der Hand: Tolegro“, sagt Brune.

Bleibt nur zu hoffen, dass Tolegro im Erfolgsfall keinen ähnlichen Absturz erlebt wie Totilas. Der konnte unter dem Schockemöhle-Schützling Matthias Rath keinen großen Einzeltitel holen und blieb weit hinter den Erwartungen zurück, ehe die Verantwortlichen ihn bei der Heim-Europameisterschaft 2015 in Aachen aufgrund einer erneuten Blessur (Knochenödem) aus der Dressur nahmen.

Von dem Aufschwung, den Totilas in seinen frühen Jahren auslöste, sprechen sie in der Dressur weiter. Die Besucherzahlen auf den Turnieren schnellten in die Höhe. Das Marketing lief auf Hochtouren. Es gab Kaffeetassen und T-Shirts mit dem Konterfei des Tieres, den die Branche als ersten „Popstar des Dressurreitens“ feierte.

Das berühmte Beispiel eines weiteren Totilas-Sohnes namens Total Hope beweist, dass berühmte Ahnen keine Garantie für sportlichen Erfolg abgeben. Dessen Mutter ist mit Weihegold von Isabell Werth, der erfolgreichsten Dressurreiterin der Welt, das derzeit beste Dressurpferd der Welt. Dennoch ist die große Karriere schon jetzt geplatzt. Stattdessen fristet der sechsjährige Oldenburger Sohn sein Dasein als Deckhengst auf einer Station in Schweden. (sid)