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Die ganze Wahrheit über die S177

Seit wenigen Tagen sind die Pläne der Schnellstraße zugänglich. Einige Details waren bisher unbekannt.

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© Katja Frohberg

Von Thomas Drendel

Jetzt kann nur noch ein Gericht die Schnellstraße S177 zwischen Radeberg und der A4 bei Leppersdorf stoppen: Die Landesdirektion als oberste Genehmigungsbehörde hat den Plänen zugestimmt und kistenweise Akten in die Rathäuser von Radeberg, Wachau, und weiteren Kommunen fahren lassen. Dort kann sich jeder auch über kleinste Details informieren. Bis 22. September sind sie zugänglich. Die SZ hat sich die Unterlagen angesehen.

© Grafik:SZ

Wie wird die Straße aussehen?

Das neue Straßenstück ist knapp sieben Kilometer lang und führt vom bestehenden Stück der S 177 entlang der alten Trasse Richtung Leppersdorf. Der Ort wird westlich umgangen. Über die A 4 entsteht eine neue Brücke. An dieser Stelle werden auch die neuen Zu- und Abfahrten zur A4 errichtet. Die neue Anschlussstelle wird weiterhin den Namen „Pulsnitz“ tragen. Die alte Anschlussstelle wird stillgelegt. Die Schnellstraße hat drei Fahrspuren, wobei zwei immer wechselseitig geführt werden. Leppersdorf ist von der Schnellstraße über zwei Anschlussstellen „Leppersdorf Nord“ und „Süd“ zu erreichen. Brücken über die Straße nach Wachau und nach Lichtenberg entstehen ebenfalls.

Welche Planungsvarianten standen zur Diskussion?

Zu dem Verlauf der Straße gab es immer wieder Änderungen. Insgesamt wurden 18 Varianten erstellt. Im Wesentlichen geht es um drei Trassen, die jeweils mehrmals abgeändert wurden. So diskutierten die Planer eine Straße, die von Radeberg an Feldschlößchen und Seifersdorf vorbei zur Anschlussstelle Ottendorf-Okrilla führen sollte. Dieser Vorschlag wurde aber verworfen, da sie weniger wirtschaftlich war und Leppersdorf nicht vom Verkehr entlastet worden wäre. Eine zweite Hauptvariante bestand darin, die Straße von Radeberg aus zu einer neuen A4-Anschlussstelle zu führen, die etwa in der Mitte zwischen den Abfahren Pulsnitz und Ottendorf gelegen hätte. Der Hauptnachteil: Auch hier würde die Verkehrsachse Kamenz, Pulsnitz, Radeberg Dresden unterbrochen. Blieb die östliche Variante, die jetzt umgesetzt wird. Mit dem Ende des Planungsverfahrens beginnt 2017 oder 2018 der Bau, vorausgesetzt, die Finanzierung steht. Die Schnellstraße soll nicht vor 2020 fertig sein.

Wie viele Autos werden über die fertige Schnellstraße rollen?

Laut der Verkehrsprognose für 2025 sind pro Wochentag auf der Straße zwischen Radeberg und Leppersdorf rund 17 000 Autos unterwegs. Der Anteil der Brummis beträgt knapp zehn Prozent. Laut Verkehrszählungen der Gemeinde Wachau sind momentan rund 8000 Autos zwischen Leppersdorf und Radeberg unterwegs.

Müssen Anwohner mit mehr Lärm und Abgasen rechnen?

Durch die Verlegung der Staatsstraße aus Leppersdorf heraus werden die Einwohner entlang der Hauptraße erheblich entlastet. Aber auch bei Häusern, in deren Nähe die neue Straße rückt, bleibt der Autolärm unter den vorgeschriebenen Grenzwerten, heißt es in dem Genehmigungsschreiben. Sie werden nur an einer Stelle überschritten. Das ist im Bereich der Kamenzer Straße 17. Zum Schutz der Gebäude vor Lärm wird dort ein Erdwall errichtet. Nach den Berechnungen werden die Grenzwerte für Autoabgase ebenfalls eingehalten.

Wie viel Wald und wie viele Felder fallen der Straße zum Opfer?

Für das Straßenbauprojekt wird eine Fläche von rund 15 Hektar vollständig oder teilweise asphaltiert. Das entspricht etwa 21 Fußballfeldern. Ein Hektar ist davon Wald, alles andere sind Felder und Wiesen. Die Fläche wird für die Schnellstraße, Wirtschaftswege, Rückhaltebecken, Böschungen und Dämme gebracht. Durch Ausgleichsmaßnahmen werden an anderer Stelle rund 2,4 Hektar entsiegelt. Das geschieht durch das Abfräsen alter Straßenfläche, durch den Abriss einer Siloanlage in Bühlau und von alten Betonfundamenten in Radeberg. In Bühlau werden darüber hinaus 2,3 Hektar Wald gepflanzt.

Sind Tierarten durch das Straßenbauprojekt gefährdet?

Während der Planungen waren überraschend 15 Fledermausarten entdeckt worden. Die Pläne mussten überarbeitet werden. Zu ihrem Schutz werden jetzt sogenannte Querungsbauwerke errichtet. Unter anderem ist eine Brücke in der Nähe der Deponieteiche vorgesehen. Hinzu kommen Pflanzungen, an denen sich die Tiere beim Flug orientieren können, ähnlich denen an der Waldschlößchenbrücke. Auch auf den Fischotter nahmen die Planer Rücksicht. So werden für die Tiere besondere Schutzzäune gebaut.

Ist Leppersdorf jetzt vor Hochwasser geschützt?

Die Gemeinde Wachau hat bei den Planungen ein besonderes Augenmerk auf den Hochwasserschutz gelegt. Die Kleine Röder in Leppersdorf war in den vergangenen Jahren mehrmals über die Ufer getreten und hat schwere Schäden angerichtet. Deshalb werden jetzt nördlich der Autobahn und der neuen Straße zwei Hochwasserschutzbecken errichtet. Für den eigentlichen Straßenneubau sind sie nicht erforderlich. Das Rückhaltebecken „Faules Floß“ wird eine Größe von rund 40000 Kubikmetern haben, das Becken „Kleine Röder von 74 000 Kubikmetern. Beide sind so ausgelegt, dass sie vor Hochwassern schützen, wie sie rechnerisch nur alle einhundert Jahre vorkommen.

Welche Einwände gegen das Projekt gab es?

Während der Planungsphase gab es zahlreiche Vorbehalte zu dem Vorhaben. So wollten die Gemeinden Wachau und Lichtenberg Fuß- und Radwege auf der Lichtenberger Straße durchsetzen. Das sei wegen der geringen Verkehrsdichte nicht notwendig, argumentierte die Landesdirektion. Lichtenberg wollte auch einen Radweg zwischen Leppersdorf und Pulsnitz durchsetzen. Auch das hatte keinen Erfolg. Das ist nicht Gegenstand der jetzigen Planungen so die Genehmigungsbehörde. Das Straßenverkehrsamt des Landkreises forderte, dass der neue Kreisverkehr nördlich von Leppersdorf für den Schwerlastverkehr ausgebaut werden muss. Das sei schon der Fall, so die Landesdirektion. Jetzt wird noch geprüft, ob der Kreisverkehr so angelegt wird, dass Großraumtransporte ihn geradeaus überqueren können. Ein Landwirtschaftsbetrieb sah durch den Straßenneubau seine Existenz gefährdet. Dieser Vorwurf konnte ausgeräumt werden, da der Freistaat mehrere Grundstücke gekauft hat und dem Landwirtschaftsbetrieb übergeben wird. Außerdem beklagten mehrere Grundstücksbesitzer, dass ihnen Flächen verloren gingen. Die Landesdirektion argumentierte mit dem übergeordneten Interesse an dem Straßenbau und verwies auf das Entschädigungsverfahren.