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Die Geisterschranken von Gelenau

Am Radweg zwischen Pulsnitz und Kamenz wird mal wieder ein Stück gebaut. Aber es geht schleppend voran. Das gab sogar Spott im TV.

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© René Plaul

Von Reiner Hanke

Gelenau. Kurz vor dem Jahresende schaffte es Kamenz – bzw. die Region – Anfang Dezember sogar noch einmal ins erste Programm der ARD. So ganz schmeichelhaft war der Beitrag in der Sendung „Extra 3“ allerdings nicht. Was weniger mit der Stadt als vielmehr mit einem Vorhaben des Landesamtes für Straßenbau zu tun hat. Es geht um das Millionenprojekt Radweg zwischen Pulsnitz und Kamenz. Wobei die ARD-Satiriker ihre Spitzen auf den Bahnübergang für Radler in Kamenz-Gelenau richteten. Jene Geisterschranken, die sich seit ein paar Jahren zuverlässig öffnen und schließen, allerdings ohne Radweg. Links und rechts vom Bahndamm geht es abwärts. Dann kommt nur noch Wiese.

Unterdessen wird seit Monaten zwischen Steina und Gersdorf am zweiten Abschnitt der Radtrasse gebaut (kleines Foto aus dem Sommer 2016). 2,2 Kilometer ist die Strecke lang. Insgesamt geht es um etwa 8,5 Kilometer bis Kamenz.
Unterdessen wird seit Monaten zwischen Steina und Gersdorf am zweiten Abschnitt der Radtrasse gebaut (kleines Foto aus dem Sommer 2016). 2,2 Kilometer ist die Strecke lang. Insgesamt geht es um etwa 8,5 Kilometer bis Kamenz. © Matthias Schumann
Nur wenige Meter von der Radlerschranke in Gelenau entfernt müssen sich die Radfahrer wie eh und je in den Straßenverkehr einreihen. Noch können sie hier nicht von der Sicherheit auf einer eigenen Trasse profitieren. Die Bahn ging allerdings schon in Vorl
Nur wenige Meter von der Radlerschranke in Gelenau entfernt müssen sich die Radfahrer wie eh und je in den Straßenverkehr einreihen. Noch können sie hier nicht von der Sicherheit auf einer eigenen Trasse profitieren. Die Bahn ging allerdings schon in Vorl © René Plaul

Eine schier endlose Geschichte

Alles für die Sicherheit der Radler, witzelte es deshalb im „Ersten“ durch den Äther: „Und der Bahnübergang ist sogar so sicher, dass die Radfahrer gar nicht erst über die Gleise müssen.“ Zumindest nicht an der Stelle, noch nicht. Dass gerade derzeit wenige Kilometer entfernt an diesem Radweg gebaut wird, ließen die bösen Spötter allerdings unerwähnt. Ebenso, dass es zweifellos vernünftig ist, dass beim zurückliegenden Gleisbau der Deutschen Bahn AG der geplante Radweg schon berücksichtigt wurde. Letztlich, um Geld zu sparen. So ist es ein Beispiel, dass Weitsicht möglich ist. Das ist eher lobenswert als kritikwürdig.

Freilich wirkt die Geisterschranke auf den ersten Blick schon etwas bizarr. Und vielleicht ahnte ja auch niemand, dass es sich derart lange hinziehen würde, bis die Trasse irgendwann an den Bahnübergang andocken kann. Vielleicht hätte man’s ja wissen können. Denn richtig ist zweifellos auch, dass dieser Radwegbau unter keinem glücklichen Stern steht.

Seit rund 20 Jahren wird darüber diskutiert, seit weit über zehn Jahren daran geplant. Und vielleicht auch noch in zehn Jahren daran gebaut? Wer weiß? Es ist inzwischen schon gut fünf Jahre her, als die – endlich muss man sagen – ersten 1,7 Kilometer der Strecke gebaut wurden. Damals hieß es, dass die Planung für den großen Rest, die Bauabschnitte zwei bis vier, im Jahr darauf stehen sollte. Wir schreiben jetzt Ende 2016 und der zweite Bauabschnitt läuft immerhin, wenn auch holprig. Es geht um weitere 2,2 Kilometer zwischen Steina-Weißbach und dem Viadukt in Gersdorf für einst geplante 820 000 Euro.

Dass die nicht mehr reichen, räumte die Straßenbaubehörde bereits ein. Die Bauzeit ist auch längst überschritten. Eigentlich sollte die Trasse schon Ende September fertig sein, „voraussichtlich“ hieß es. Derzeit ist Weihnachtsruhe auf der Baustelle. Verzögerungen brachte insbesondere der Abwasserbau unter dem Radweg in Gersdorf. Der war so nicht geplant. Aber auch in Weißbach gab es Verzögerungen an einem Brückenbau. Von dort bis zum Bahnhof in Gersdorf ist die Trasse laut Straßenbauamt fertig. Von Restarbeiten abgesehen: Die Markierung und die Beschilderung fehlen noch. An der Absturzsicherung in Weißbach im Bereich der Brücke sind auch noch Restarbeiten offen. Dagegen ist in Gersdorf noch viel zu tun. Dort wurde jetzt noch großflächig vor Weihnachten der Bahndamm neben dem neuen Radweg mit Stahlträgern und Holzbohlen abgestützt. Das sei durchaus so geplant, lässt die Straßenbaubehörde wissen. Allerdings handele es sich bei der Holzkonstruktion nur um ein Provisorium.

Weiter geht‘s im Januar

Das endgültige Bauwerk werde aus Betonfertigteilen errichtet. Es soll die Böschung stützen. Nicole Wernicke vom Straßenbauamt teilte gegenüber der SZ mit: „Je nach der Witterung werden die Arbeiten voraussichtlich ab der zweiten Januarwoche wieder aufgenommen.“ Wenn die Betonteile stehen, werde die Holzkonstruktion wieder abgebaut. Dann ist natürlich auch noch das restliche Stück Radweg bis zum Viadukt zu asphaltieren.

Außerdem war noch geplant, die Staatsstraße in Gersdorf neben dem Radweg zwischen Viadukt und Bahnhof auf einer Länge von 900 Metern zu sanieren. Dazu lässt Nicole Wernicke wissen: „Die geplante Fahrbahnerneuerung wird voraussichtlich ab April 2017 durchgeführt.“ Kraftfahrer können insofern aufatmen, dass jetzt offenbar nicht mehr mit einer Vollsperrung für den Bau zu rechnen ist, wie ursprünglich angekündigt: „Die Arbeiten werden unter halbseitiger Sperrung der S 95 ausgeführt“. erklärt die Sprecherin. A

lles in allem rechnet die Baubehörde erst im Frühjahr 2017 mit der Fertigstellung des zweiten Bauabschnittes. Dann wären knapp vier der etwa 8,5 Kilometer langen Trasse befahrbar. Der erste und bisher einzige fertige Abschnitt erstreckt sich über 1,7 Kilometer von Pulsnitz nach Steina und kostete laut SZ-Archiv 520 000 Euro. Mit Kosten zwischen 3,2 und 3,4 Millionen Euro rechneten die Planer insgesamt.

Womit sie leider nicht rechnen, ist ein zügiger Fortgang der Bauarbeiten, vielleicht gleich im Frühjahr 2017 im Anschluss an den zweiten Bauabschnitt: „Ein Weiterbau Richtung Kamenz ist nächstes Jahr noch nicht vorgesehen“, stellt die Landesbehörde klar.

Dass sich neuerliche Schwierigkeiten anbahnen könnten, zeichnete sich bereits ab. So hatte das Landesamt für Straßenbau schon im Vorjahr ziemlichen Ärger beim nötigen Grunderwerb für den Radweg und mit der Bauerlaubnis von der Deutschen Bahn AG beklagt. Damals im Zusammenhang mit dem 2. Bauabschnitt. Daraus zog die Behörde eine folgenreiche Konsequenz. Das Landesamt wird ein sogenanntes Planfeststellungsverfahren für die verbleibende Strecke beginnen. Auf dem Weg kann der Bau quasi auch per Enteignung durchgesetzt werden. Allerdings kann das sehr langwierig werden und Jahre dauern, sagen Fachleute. Für dieses Planfeststellungsverfahren bereite die Behörde derzeit die entsprechenden Unterlagen vor.

Über den Fortgang des Radwegbaus in Richtung Kamenz ist es also derzeit schwierig, verlässliche Aussagen zu treffen. Aber auf eines ist wohl Verlass: Die Geisterschranke am Radweg wird sich auch weiterhin für nicht vorhandene Radfahrer öffnen und schließen.