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Die Generalin

Wo sie auftaucht, stehen die Männer stramm: Gesine Krüger ist Generalin - und die ranghöchste Soldatin der Bundeswehr.

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© dpa

Nico Pointner

Berlin. Gegen etwas Etikette und Höflichkeit hat Gesine Krüger ja gar nichts. „Dass man mir in den Mantel oder das Jackett hilft, geht vielleicht noch“, sagt die 58-jährige Soldatin. Aber als ihr damals als einfache Stabsärztin im Luftwaffengeschwader höherrangige Offiziere in den Bundeswehr-Parka halfen wollten, musste sie dann doch freundlich protestieren. „Es ist ja nicht falsch, aber auch nicht üblich.“ Das ist dann eine Frage des Dienstgrads. Aber da habe sich wohl die Verhaltensunsicherheit einiger männlichen Kameraden gezeigt, erzählt sie mit einem Lächeln.

Diese Probleme sind für Gesine Krüger heute Vergangenheit. Seit genau einem Jahr ist sie Kommandeurin der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München und die einzige Zwei-Sterne-Generalin der Truppe - sie ist damit die ranghöchste Soldatin der Bundeswehr. Der Unterschied der Geschlechter habe für sie lange keine Rolle gespielt, erzählt sie. Für Krüger zählt die fachliche Arbeit, die Medizin, ihre Akademie. „Gerade bis zum Oberstarzt habe ich mir da überhaupt keine Gedanken gemacht“, sagt sie. „Aber dann wurde ich schon sicherlich eine Minderheit.“ Neben ihr steht nur eine weitere Frau im Generalsrang.

Seit 30 Jahren ist Gesine Krüger bei der Bundeswehr. Die Niedersächsin kam als Quereinsteigerin zur Truppe. Erst seit 2001 stehen Frauen alle militärischen Laufbahnen in den Streitkräften offen. Heute dienen mehr als 20 000 Soldatinnen - der weitaus größte Teil aber immer noch im Sanitätsdienst. In Heer, Marine und Luftwaffe bleiben sie eine Minderheit.

Gerade unter Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sei die Truppe attraktiver geworden für Frauen, etwa was Vereinbarkeit von Familie und Beruf angeht, sagt Krüger. Zwar hat sie selber keine Kinder, aber sie schwärmt von Elternzeit, von der Kita-Betreuung für Lehrgangsteilnehmer in ihrem Haus. „Es geht um Mitarbeitermotivation. Sie müssen versuchen, das Personal zu binden.“

Frauen würden andere Charaktereigenschaften zugeschrieben als Männern - Teamfähigkeit, soziale Kompetenz, Ausgeglichenheit. „Wenn wir die Verschiedenheit nutzen, wird die ganze Truppe attraktiver“, sagt Krüger.

Die Generalin wirkt bestimmt und streng in Uniform und Krawatte, mit Brille und kurz geschnittenen dunklen Haaren. Zum Pressefoto zieht sie kurz den Lippenstift nach. An Durchsetzungsstärke dürfte es ihr nicht mangeln. Wenn es um Leben und Tod geht, brauche es Befehl und Gehorsam, sagt sie, egal ob im Bundeswehrkrankenhaus oder im Feld. Aber sie sagt auch: „Wenn ich als Vorgesetzte ausschließlich Soldaten mit Befehl und Gehorsam führen würde, erzeuge ich keine Gefolgschaft, kein Vertrauen. Dann bin ich als militärischer Führer verloren.“ Sie spreche deshalb viel mit ihren Mitarbeitern, begründe ihre Entscheidungen, wolle deren Arbeit wertschätzen.

Wie geht es weiter mit den Frauen in der Bundeswehr? „Wir sind noch eine Minderheit. Aber wir sind inzwischen die größte Minderheit der Bundeswehr“, sagt Krüger. Zur ersten Generalinspekteurin ist es noch ein sehr langer Weg, der zumindest für sie unerreichbar sein dürfte. Schließlich kam bislang noch nie ein Generalinspekteur aus dem Sanitätsdienst. Aber Gesine Krüger könnte Inspekteurin des Sanitätsdienstes werden - und damit die erste Inspekteurin der Truppe überhaupt. Krüger wiegelt ab. „Ich denke nicht über Veränderung nach“, sagt sie. „Das liegt aber nicht in meinen Händen.“ (dpa)